Freitag, 12. April, bis Samstag, 13. April
Eigentlich steht heute eine einfach Aufgabe an: unweit der Hauptstraße liegt Agios Mironas, wo Myron von Kreta geboren wurde, zeitweise lebte und starb und ihm die Kirche geweiht ist. Aber die Zufahrtstraße ist wegen Erdrutsch gesperrt, also Ausweichroute suchen, auf der engen Straße mich durchquälen - was einfach schien, wird langwierig.
Unterhalb der Kirche ist die nun zur Gedenkstätte ausgebaute Höhle, in der Myron zeitweise lebte …
… und die aufwändig überbaut ist.
Im nun leicht zu erreichenden nahen Weinbauort Dafnes, seinem Heimatort, wurde 2012 diese
Charalambos dem
Neuerschienenen
geweihte Kirche eröffnet.
In Kaloi Limenes, der Hafen, in dem
Paulus nach Apostelgeschichte 27, 8 gelandet war, war
ich am Dienstag - aber alle meine Fotos waren misslungen, unbemerkt hatte ich etwas verstellt und das erst auf dem Rückweg
bemerkt. Da es noch weitere Ziele an der Südküste gibt, mache ich mich noch einmal auf den längeren Weg dorthin, diesmal
aber von Osten her, wo es eine Teerstraße gibt. Vom Bergpass davor öffnet sich der Blick auf den Hafen mit dem kleinen Ort
- auch hier, weitab vom Schuss, wird offenbar in Gewächshäusern Gemüse für unsere Supermärkte angebaut - und die kleine
vorgelagerte Paulus-Insel
mit den Öltanks. Hierher bringen Schiff Öl aus Afrika - nach Libyen sind es gerade mal
300 km -, das dann auf griechische Schiffe umgeladen und nach
Piräus gebracht wird.
Oberhalb der Höhle, in der Paulus offenbar mehrere Monate lebte, hat man 1911 diese Kirche gebaut …
… in der man dieses sehr westlich anmutende Paulus-Bild zeigt …
… und von wo man einen herrlichen Blick auf den Hafen und den kleinen Ort hat.
Der Eingang zur kleinen Höhle, in der Paulus lebte.>
Den Plan, an der Südküste auch noch das
Kloster Koudoumá, das
Parthenios und Eumenios wiederbegründet
haben, anzufahren, gebe ich auf: die letzten 15 km sind Piste, über 1000 Höhenmeter zu bewältigen; nachdem ich den durch die
Unwetter bedingten Zustand der Asphaltstraße nach
Kaloi Limenes erlebt habe, möchte ich das weder
mir noch meiner Kiste zumuten - sie würde auch die Steigungen bei dem vielen losen Geröll wohl nicht schaffen. Daselbe gilt
für die 9 km Piste mit über 800 Höhenmetern nach Agios Ioannis, wo an der heutigen
Johanneskirche die beiden ebenfalls lebten,
genauso wie in der nahen Antonius Kirche
und der Abbakóspēlio-Höhle.
Statt dessen genieße ich den Ausblick über die Messara-Ebene nach Nordwesten auf das Ida-Gebirge, wo jetzt der Schnee
schon deutlich weniger geworden ist.
Im Kloster Epanosifi liegen
Reliquien von
Methodios von Nivritos. Das Katholikon
eines der reichsten Klöster Kretas - so der von Kretas Metropolieen
herausgegebene Reiseführer für Religiöse Fahrten
- ist innen tatsächlich überreich dekoriert …
… und auch das Abtsgebäude nicht von schlechten Eltern. Ich bin wieder ziemlich im Norden, hier ist eine Weinbaugegend und relativ ebenes Gelände mit wohl fruchtbaren Böden, das macht Bauern reich.
Im Katholikon: diese Ikone vom hier weit verbreiteten Typ Hodegtria
, die mit der rechten Hand auf
Jesus zeigende
Maria …
… und davor dieser Brunnen, auch nicht von schlechten Eltern.
Ansonsten haben de Klöster hier eher den Stil eines geordneten Bauernhofes, meist auch hat jeder Mönch sein eigens Gebäude, was den dörflichen Charakter noch unterstreicht. Ort der Kontemplation ist weniger der Alltag und die Klosteranlage als solche, sondern das Katholikon.
Etwas außerhalb des Klosters leigt dessen Friedhof mit dieser Kirche.
In Skillous, dem heutigen Kalloni, wurde Patriarch Gerasimos Palladas von Alexandria geboren. Auch an der Pfarrkirche macht der Ort, obwohl nicht so weit von Iráklio entfernt, keinen guten Eindruck. Am Ortsrand hat man Gerasimos zu Ehren eine neue Kirche gebaut.
Und weil es hier gerade rumsteht ist Gelegenheit, das kretische Auto zu würdigen: gefühlt die Hälfte aller Autos sind hier Pick-ups. Die sind praktisch: auf die Ladefläche passen Ziegen und Schafe, Menschen und Kinder, Strohballen und Einkaufstüten, einfach alles, was bewegt werden muss. Dieser hier ist vom Zustand her im unteren Durchschnitt, manche sind wesentlich schlimmer - einen TÜV scheint es hier nicht zu geben. Wohlhabende Jüngere haben einen Pick-up mit oft extremer Spurverbreiterung, dann schauen die Reifen - unbedeckt - weit über die Kotflügel heraus; das hat keinen erkennbaren Sinn außer Imponiergehabe.
Im Kloster Angarathos wurde - auch er später Patriarch - Meletios I. von Alexandria Mönch und dann Abt, Joachim, der bei Gerasimos IV. von Kreta und Gefährten genannte Bischof von Chersonissos, hatte damals hier seinen Sitz.
Letzte Station: der schöne große Ort Archanes,
wo die bei Gerasimos IV. von Kreta genannten Gefährten,
Bischof Hierotheos von Lampi mit Sitz in Réthymno und sein Diakon, getötet wurden. Mein Navi führt mich von Osten her steil
den Berg hinab durch engste Gässchen, wieder einmal reicht es millimetergenau und nur mit tatkräftiger Hilfe eines
Ladenbesitzers, der die letzten benötigten Zentimeter freiräumt.
Die Marienkirche wurde der Legende zufolge
gebaut, nachdem ein Mädchen an dieser Stelle ein Licht sah und dann eine wunderwirkende Ikone der
Allerheiligsten Gottesmutter fand. Einer anderen Geschichte zufolge
erlaubte der osmanische Gouverneur der Region den Christen, eine Kirche nur dann zu bauen, wenn sie es in einer Nacht
vollbringen; den Menschen in Archanes gelang das nicht; nun räumte der Gouverneur eine zusätzliche Nacht ein, in der man
aber kein Wasser verwenden dürfe, deshalb nahmen die Einheimischen Milch und bauten die Kirche bis zum Morgen des nächsten
Tages.
Überliefert wird auch, dass die Deutschen während der Besatzung 1941 bis 1945 versucht hätten, den Ort zu bombardieren,
aber sie blieben erfolglos, weil eine schwarze Wolke unter dem Bomber das Gebiet bedeckte und die Feinde daran hinderte,
ihr Ziel zu finden.
Neben der Marienkirche steht diese ältere, Antonius „dem Großen” geweihte Kapelle …
… und zurück in der Ortsmitte - zu Fuß, ich bin ja lernfähig - die Nikolauskirche, 1857 gebaut und innen reich ausgestattet; offenbar beginnt demnächst ein Gottesdienst - die Kirche ist schon gut gefüllt, weitere - nicht nur ältere - Leute strömen herbei.
Direkt vor dem Camping Kreta
fotografiere
ich am Schreibtag, dem Samstag: man kann hier sehen, warum nachts Autofahren nicht empfehlenswert ist: so abrupt ohne Schild
oder sonstigen Hinweis endet die erst wenige Jahre alte Uferpromenade …
… aber auch, wer den Schwenk nach links schafft, hat noch nicht jedes Risiko ausgeschaltet.
Der Camping Kreta
liegt direkt in
der Einflugschneise des Flughafens von Iráklio,
normalerweise kommen am Abend drei bis vier Maschinen an, das war's. Am heutigen Samstag kommen die Flieger den ganzen
Tag, mindestens halbstündlich: in Deutschland haben die
Osternferien begonnen. Schon gestern, als es wechselnd
bewölkt war mit 20° Luft- und 16° Wassertemperatur, sah ich noch abends Menschen in Badekleidung am Strand und wenigsten
bis zu den Knöcheln im Wasser. Man hat ja bezahlt, da muss man nicht nur das all-inclusive-Buffet räubern, sondern auch
baden, und wenn es einen noch so schüttelt …
Immerhin: ich habe den gestrigen Abend erstmals ohne Heizung verbracht.
Sonntag, 14. April, bis Dienstag, 16. April
Sonntag ist Stadt-Tag, Iraklio wartet, zuerst die Ruinen des ehemaligen Dominikanerklosters, direkt hinter der ehemaligen venezianischen Stadtmauer zum Meer hin, …
… und dessen für hiesige Verhältnisse und selbst für eine Dominikanerkirche riesige, erst neulich wieder restaurierte, aber verschlossene Kirche, Petrus „dem Märtyrer” geweiht.
Vorbei am Dermatas
-Tor, einem der drei Tore der Stadtmauer zum Meer hin, genannt nach dem Meerbusen …
… komme ich zum ehemaligen Johannes-Kloster, in dem Joseph Samakos „der Geheiligte” Mönch war. Dort ist in der heute orthodoxen Kirche gerade der Gottesdienst zuende.
Nun hat das Historische Museum geöffnet, das ich zur Klärung offener Fragen besuche; so finde ich dort die Antwort auf den Standort des damaligen türkischen Gouverneurspalasts, in dem Johannes von Kapsa verhört wurde, und dieses Foto des ehemaligen Franziskanerklosters mit Minarett aus türkischer Zeit …
… oder diese Darstellung der Stadt aus dem späten 18. Jahrhundert, eine Wandmalerei aus dem Palast des damaligen türkischen Statthalters, …
… und das originale Arbeitszimmer von Nikos Kazanzakis, das er 1948 bis 1957 in Antibes in Frankreich benutzte.
Vorbei an der Kirche Agia Paraskevi
, die
wohl an der Stelle des ehemaligen Servitenklosters steht, in dem
Antonius von Viterbo starb, komme ich
zur Katharinenkirche, die heute
Ikonenmuseum ist.
Die Katharinenkirche liegt schon im Zentrum, der Platz davor lebt jetzt.
In der kleinen alten Menas-Kathedrale (links) fand die SynodeSynode (altgriech. für Zusammenkunft) bezeichnet eine Versammlung in kirchlichen Angelegenheiten. In der alten Kirche wurden "Konzil" und "Synode" synonym gebraucht. In der römisch-katholischen Kirche sind Synoden Bischofsversammlungen zu bestimmten Themen, aber mit geringerem Rang als Konzile. In evangelischen Kirchen werden nur die altkirchlichen Versammlungen als Konzile, die neuzeitlichen Versammlungen als Synode bezeichnet. unter Leitung von Gerasimos IV. von Kreta statt, nach der dann viele Bischöfe und andere als Märtyrer starben. Daneben steht die große neue Menas-Kathedrale von 1895, auch sie ist dem Stadtpatron Menas von Ägypten geweiht …
… und ist auch innen prächtig, immerhin ja Sitz des Metropoliten von
Kreta und ganz Europa
- so genannt, seit nach dem Ende der
venezianischen Herrschaft und der Machtübernahme
der Osmanen die orthodoxen Bistümer
wiederhergestellt werden konnten.
Im Zentrum der Stadt: der 1628 vom venezianischen Statthalter Francesco Morosini gebaute und nach ihm benannte Brunnen.
Die venezianische Loggia
wurde ebenfalls
unter Statthalter Morosini als Repräsentationsbau errichtet; im 2. Weltkrieg komplett zerstört, dann vollständig wieder
aufgebaut, ist sie heute das Rathaus. Sonst gibt es in der im 2. Weltkrieg von den Deutschen heftigst bombardierten Stadt
nicht viel Sehenswertes, es fehlt ihr der Charme von
Chaniá oder
Réthymno.
Das Kastro Koules auf der Hafenmole, gebaut von
den Venezianern, damals die stärkste Festung im
Mittelmeer, von den Türken nach 22-jährigem Beschuss 1669 eingenommen, war dann das Gefängnis für die einheimischen
Rebellen, so Johannes Dragatis
,
Myron von Heraklion und
Nikephoros.
In der Tituskirche, gebaut als Moschee, seit 1925 Kirche, liegt nun wieder die Schädelreliquie von Titus, die 1966 aus Venedig zurückgegeben wurde.
Auch innen ist die Tituskirche reich
ausgestattet.
Eine ganze Reihe von mit Iraklio verbundenen Heiligen kann nicht genau lokalisiert werden, so
Athanasios der Athonite,
Dasius,
Hilarion der Jüngere,
Meletios I. von Alexandria,
Myron von Heraklion und
Paul von Kreta.
Knossos ist natürlich für seine Ausgrabungen des minoischen Palastes bekannt und Touristenmagnet. Mich aber interessiert in dem daneben noch immer bestehenden kleinen Dorf die Kirche, denn Knossos war auch Bischofssitz, so möglicherweise von Myron von Kreta und Petrus dem Jüngeren, sicher von Pinytus von Knossos und dem bei Gerasimos IV. von Kreta und Gefährten genannten Neophytos; auch Zotikos, genannt bei Theodulus von Kreta und Gefährten, stammte von hier. An der Sophia geweihten Dorfkirche wird mit dem Fresko über dem Eingang an die alte Tradition erinnert.
Auch am Montag erlebe ich, wie ständig neue Flugzeuge ankommen, die Menge der Touristen aller Altersgruppen
sichtbar wächst und die - hier sowieso eher mäßige - Internetverbindung wohl deshalb schlechter wird. Nur, es hilft ja
nicht: ich muss eben auch schreiben.
Am Abend dann die Horrornachricht von Brand in St-Denis in Paris. Macron hat, wenn nicht in der Ursache, so doch in der Wirkung, seinen Reichstagsbrand - wer will da noch etwas über Gelbwesten
Tracks
Kali Limenes
geschrieben am 13., 14. und 15. April 2019
Kommentar #20
Ein großartiger Platz. Ich möchte es dort sehen. Ich würde gerne wie du herumgehen.