Welt bereisen Das Reiseblog des Ökumenischen Heiligenlexikons

Burgenland

   J. Schäfer          

Montag, 6. Mai

Koroni ist wirklich ein hübsches Küstenstädtchen, beherrscht durch die große ehemalige Festung, die in byzantinischer Zeit errichtet, dann beim 4. Kreuzzug erobert und nach der 1206 erfolgten Machtübernahme durch die Venezianer ausgebaut wurde; es folgten 1500 die Türken, 1532 die Genuesen, dann wieder die Osmanen, im 17. Jahrhundert die Spanier, Ende des 18. die Russen, Anfang des 19. die Franzosen.
Dennoch: die Menschen haben ihre Liebenswürdigkeit und der Ort seinen Charme bewahrt! Merkwürdig, dass ich auf dem Campingplatz erlebe, dass die meisten Leute nur eine Nacht bleiben.


Die kleinen Boote zeigen es: für die Fischer, die früher den Wohlstand in den Ort gebracht haben, bleibt heute im überfischten Mittelmeer nicht mehr viel übrig.

In der Festung angekommen erfahre ich dann: Mein gestern noch als erkannt geglaubtes Künstlerpech war keines: Asini in Messenien, wo Caesar von Durrës - wohl nicht - Bischof war, ist doch Koroni, und die in Teilen in Ruinen liegende frühere Basilika war die Bischofskirche, auf der man dann die heute Hagia Sophia genannte byzantinische Kirche errichtete; Titularbischof war Petrus Thomas, Theodor von Kythira wurde hier ausgebildet.

Heute beherbergt das Gelände der alten Festung ein vor gut 100 Jahren gegründetes Nonnenkloster - natürlich mit eigenem, neuen Kathlikon - und den Friedhof des Ortes. So wird aus kriegerischem Gelände ein friedlich-spirituelles: toll!

Den Rest des Tages verbringe ich mit Restarbeiten. Ich wurde gefragt, wie ich denn meine Tage verbringe. Normalerweise wache ich etwa um 7.30 Uhr auf, nach Frühstück und Toilette lese ich etwas, um den Kreislauf in Schwung zu bringen - Literatur oder Sachbücher, aber nichts über Heilige, man muss auch anderes denken. Von 9 Uhr bis 20 Uhr arbeite ich, dazwischen gibts ein bis eineinhalb Stunden Mittagspause. Und am Abend bereite ich den nächsten Tag vor; wenn ich Internetverbindung habe, lese ich Zeitungen, anschließend zur Entspannung schaue ich Videos auf You-Tube.
Drei Tage in der Woche bin ich unterwegs, dann folgen vier Tage auf einem Campingplatz mit Internet: knapp drei Tage brauche ich, um das Gesehene zu verarbeiten: Fotos aussuchen und bearbeiten, diese und neue Erkenntnisse in die Biografien einfügen, parallel dazu diesen Blog verfassen - der die Fotos immer unbearbeitet erhält. Knapp einen Tag brauche ich dann zum Planen: wo genau sind die nächsten Orte, die ich aufsuchen will - das ist des öfteren mühsame Recherche, gerade hier in Griechenland mit seiner durch die wechselnden Machthaber so brüchigen Geschichte. Und in der restlichen Zeit muss ich E-Mails bearbeiten und meine Kiste in Ordnung halten.

Dienstag, 7. Mai

Ich verlasse den Campingplatz im schönen Koroni, erreiche über wie üblich kurvige und enge Nebenstraßen die andere Südspitze Messeniens, die direkt am Meer gelegene befestigte alte Stadt Methoni und habe richtig Glück: dienstags (!!) ist sie geschlossen.

So bleibt nicht viel außer dem Foto der Zugangsbrücke, die die Franzosen in der kurzen Zeit ihrer Schutzherrschaft nach der griechischen Revolution als Ersatz für die vorherige Holzbrücke 1828 bis 1830 gebaut haben. Athanasius war hier Bischof, Barbarus starb als Märtyrer, der bei Caprasius von Lérins genannte Venantius eines natürlichen Todes, Hesychius von Gaza machte hier Station, Leo Bembo war hier Bischof; mit ihm identisch ist wohl Leo von Methoni.

So bleibt mir nur die ab 1833 errichtete, wenig sehenswerte Nikolauskirche in der Neustadt, die landeinwärts der befestigten alten nach deren Zerstörung im griechischen Unabhängigkeitskrieg von 1821 gegrüdet wurde.

In Kalamata, der größten Stadt im Süden des Peloponnes, sehe ich zuerst die Apostelkirche aus dem 11. Jahrhundert; in dieser Kirche wurde 1821 der griechische Beferiungskampf ausgerufen.
Xenia von Kalamata starb hier in römischer Zeit als Märtyrerin. Vor der Kirche sehe ich nun zum ersten Mal in Griechenland afrikanische Flüchtlinge, die hier etwas zu verkaufen versuchen.

1986 wurde Kalamta von einem heftigen Erdbeben getroffen, 28 Menschen starben, 300 wurden verletzt, ein Viertel aller Häuser war unbewohnbar, auch die Apostelkirche war eingestürzt. Die Stadt hat deshalb wenig Sehenswertes, am ehestens noch die ehemalige Markthalle, heute archäologisches Museum; die Fußgängerzone aber macht einen netten Eindruck.

Die Metropolitankirche, der Hypapanthe geweiht, enthält für mich schöne Ikonen und Fresken; sie steht für den Märtyrer Elias von Artemisia und den Mönch Hierotheos vom Kloster Ivíron.

Wie allermeistens, so auch hier: andächtige, oft auch junge, Menschen.

Das Dorf Androusa oberhalb der Ebene, die in Kalamata ins Meer ausläuft, wurde lange als der Geburtsort von Athanasios I. von Konstantinopel betrachtet. Die Konstantin und Helena geweihte Kirche am Dorfplatz, wo die Arbeitslosen im Kafeneion lauthals diskutieren, soll Reliquien bewahren, hat aber keinen Hinweis auf ihn. Wenn er dort geboren worden wäre, dann sicher im Vorgängerbau der im 14. Jahrhundert durch die nach einem Kreuzzug hier herrschenden Franken errichteten Burg, die ich dort finde - zuerst einen ehemaligen Wohnturm, der heute in den Gärten der umgebenden Häuser steht …

… und dann die restlichen, auf 90 Metern Länge erhaltenen Mauern mit einem baumbewachsenen Inneren, das sich mir als idealer, schattiger Platz für den Mittagsschlaf anbietet.

Hoch in den Bergen: das riesige Kloster Voulkanou, in dem die Schädelreliquie von Elias von Artemisia liegt.
Wie in fast jedem Kloster gibt es auch hier die Hinweistafel auf das Martyrium, das Mönche des Klosters beim Freiheitskrieg von 1821 erlitten. Ohne die geistige und kämpferische Mitwirkung der Klöster gäbe es Griechenland als souveränen Staat nicht; dementsprechend hoch ist die Verankerung der Kirche im Volk bis heute.

Ich muss etwas warten - hier oben weht ein kalter Wind - bis die Mittagspause des Klosters um 16 Uhr zuende ist und geöffnet wird, dann aber zeigt sich mir auch das Innere des Katholikons.

Das Kloster liegt am Berg Ithóme, der steil aus der Ebene hervorragt und auf dem im 4. Jahrhundert v. Chr. eine Stadt gegründet worden war, deren Ruinen noch heute eindrücklich sind. Das eine der Stadttore muss man noch fast suchen - aber noch immer führt die Straße hindurch …

… das andere, gut 2 km entfernt, ist nicht zu übersehen; die Straße, die hindurchführt, ist übrigens die Hauptstraße.

Dazwischen liegen etwas unterhalb die Ausgrabungen des antiken Stadtzentrums.

Monumental - nein: gigantomanisch - ist die Metropolitankathedrale im Hafenort Kyparissia, wo Athanasios von Christianopolis und Athenogenes von Sebaste verehrt werden. Der Ort selbst ist wenig attraktiv, schreibt Hans-Peter Siebenhaar (Peloponnes, 13. Aufl. 2018. Michael Müller Verlag, Erlangen 2018) zurecht. Wie an vielen solcher Kirchen gibt es auch hier die Denkmale für ehemalige Metropoliten.

Ein echtes Kleinod empfängt mich im heute abgelegenen Dorf Christianoupoli, das bessere Zeiten erlebte: Athanasios von Christianopolis war hier Metropolit in der damaligen, der Verklärung des Erlösers geweihten Metropolitankirche, die nach der völligen Zerstörung durch ein Erdbeben 1886 nun seit 1995 wieder aufgebaut das verschlafenen Dorf ziert. Das Ergebnis lohnte die Fahrt auf einer Straße, die sich kilometerweit als Feldweg entpuppte und durch Erdrutsche schwer gelitten hat.

Neben der Kirche sind auch Reste des großen Bischofspalastes erhalten.

Spät am Abend noch das Gegenteil der eben erlebten Pracht: die Demetrios vom Peleponnes geweihte Kirche im Dorf Floka - er wurde hier geboren.
Ich übernachte dann irgendwo im Nirgendwo an einer kleinen Kapelle beim Dorf Agioi Apostoloi - herrlich ruhig, sogar ohne Hundegebell, das es hier eigentlich überall gibt, und dunkel (auch der Mond ist noch ganz klein). Es werden fast zehn Stunden Schlaf - und, wie ich inzwischen weiß: die einstweilen letzte Nacht in ruhiger, ländlicher Umgebung.

Mittwoch, 8. Mai

Im Bergdorf Tourkolekas wurde Johannes von Tourkolekas geboren in einer Familie von Widerstandskämpfern; er starb als Märtyrer

Den Ort überragt das Denkmal seines Bruders Nikitaras, des Türkenfressers, gestiftet 2007 - vom Unilever-Konzern.

Ein echtes Hihlight: die byzantinische Kirche in Leontari, um 1435 gebaut; Gerasimos von Sourvia wurde hier geboren. Auch dieser heute abgelegene Ort hat besserer Zeiten erlebt …

… was das Maultier mitten im Ort nicht zu stören scheint.

Ein wunderbarer Platz in des Wortes doppelter Bedeutung ist die Theodora-Kirche, am Begräbnisotrt von Theodora von Vasta in einem völlig einsamen, aber dicht bewaldeten Tal, 5 km entfernt von Vastas. Aus der alten kleinen Kirche wachsen insgesamt 17 Bäume, ohne dass die Wurzeln den Boden erreichen.

Unter der Theodora-Kirche entspringt eine reichlich sprudelnde Quelle. Der erholsame Ort ist natürlich ein beliebter Wallfahrtsort, auch wenn die Anfahrt wieder einmal auf schmalen Straßen und durch noch engere Ortschaften zu erfolgen hatte. Unterwegs hielt mich ein - sichtlich schon genervter - Omnibusfahrer an mit der Frage, ob er wohl durch die nächste Ortschaft durchkommen wird; wird er nicht, es hat für meine Kiste gerade eben gereicht.

Die Gegend ist unbewohnt, einsam, Natur pur.

In Karitena, einem Dorf hoch in den Bergen, wurde Athanasios von Christianopolis geboren. Dort gibt es jetzt die große Pfarrkirche.

Bekannt wurde der Ort auch, weil hier 1770 ganz oben im Gelände der - natürlich: von Kreuzfahrern im 13. Jahrhundert errichteten - Burg der noch heute in ganz Griechenland bekannte Freiheitskämpfer Theodor Kolokotronis geboren wurde. Das Elternhaus von Athanasios war möglicherweise der Wohnturm auf halber Höhe.

Eindrücklich auch die um 1720, wie so viele hier Nikolaus geweihte Friedhohskirche.

2011 hatte der idyllisch unterhalb des Burgfelsens gelegene Ort 274 Einwohner und 15 Kirchen, darunter auch die zu Athanasios' Ehren neu erbaute Athanasioskirche.

Im Dorf Theisoa wurde der Märtyrer Demetrios vom Peloponnes geboren. Ich fotografiere die Pfarrkirche und versäume die außerhalb des Ortes neu gebaute und ihm geweihte Kirche.

Ich würde hier gerne einmal einen der unzähligen wilden Hunde fotografieren, die es überall gibt, die sich einem auf zehn Meter nähern und ein unbändiges - nein nicht Gebell, sondern - Gekläff veranstalten; das Problem ist: sobald man einen Schritt auf sie zumacht oder sich auch nur ihnen zuwendet, hauen sie ab; das gibt keine guten Fotos.

Die Domestizierten sind weniger scheu.

Stillhalten kann allerdings der Ginster, der ebenso allgegenwärtig und üppigst die Straßenränder ziert. Ein Augenschmaus! Das Frühjahr ist die ideale Reisezeit für Griechenland.

Schlau schien mir die Entscheidung, am heutigen Abend nicht noch ins nahe Dimitsána zu fahren, denn dort werde ich viel Zeit brauchen, sondern auf den langsamen Bergstraßen nach Olympia, für das die Zeit noch reichen wird, und dann morgen über die z. T. autobahnähnliche, auf der ADAC-Karte durchgehend rot eingezeichneten Europastraße nach Dimitsána zu brausen. Aber wieder einmal ist die Fahrt auf den kurvigen und engen Straßen - meist im 3. Gang, gelegentlich im 2., oft halbe Sichtweite weil die Straße schmal wird, immer die Ränder nach Abbrüchen und den Belag nach tiefen Schlaglöchern scannnend - nicht nur Nerven aufreibend, sondern auch langwierig. In Olympia ist es zu spät, es reicht gerade noch von außerhaln für ein Foto des Stadions.
Abends gehe ich im Ort - er wurde erst in Folge der Ausgrabungen gegründet - Essen in einer echten Familientaverne, weil dort Einheimische sitzen. Sie unterhalten sich leidenschaftlich über die in Griechenland anstehenden Wahlen - mehrfach fällt der Name Tsipras, ein paar Mal das Argument Germania - mehr verstehe ich leider nicht; die Wirtin kann immerhin Guten Appetit und Gute Nacht auf Deutsch, einer der Gäste weiß bei Stuttgart: Mercedes.
Ich übernachte - als einziger - auf einem Parkplatz des Ausgrabunsgeländes; noch keine zwei Minuten stehe ich da, kommt die Polizei angefahren: No camping!. Das ist in Griechenland verboten und die Campingplatzbesitzer drängen die Polizei, das durchzusetzen und ihnen Kundschaft zu bescheren; in Olympia gibt es gleich zwei Cmapingplätze. Die Strafen sind hoch, man liest von is zu 3000 € oder sogar Gefängnis. Ich aber campe ja nicht, sondern stelle nur schlafend die Fahrtüchtigkeit wieder her und antworte deshalb: No camping! und der Beamte ist zufrieden. Die Nacht wird dennoch unruhig: unweit ist der Treff der Jugendlichen und die geben bis nach Mitternacht Laut.

Tracks
Agioi Apostoloi
Olympia

geschrieben am 10. und 11. Mai 2019



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