1974 fuhren wir - 8 junge Leute und ein kleines Kind in zwei VW-Käfern - nach Jugoslawien; nicht dorthin, wo auch damals schon viele Deutsche ihren Pauschalurlaub verbrachten, an die Küste, sondern durchs Landesinnere ganz nach Südosten, erst am Schluss der Einfachheit und Schnelligkeit wegen auf der Küstenstraße zurück.
Was uns bundesrepublikanischen Wohlstandskindern im Landesinnern zuerst auffiel, war die Armut der Leute, hier symbolisiert durch Ziegenhaltung.
Groß war die Freude, am Meer angekommen zu sein.
Was völlig unvorbereitet auf uns zukam: in praktisch jedem Dorf gab es ein Denkmal für den Widerstandskampf und die Partisanen gegen die deutschen NS-Besatzer. Die Geschichte unseres Heimatlandes reiste mit, das wurde uns schlagartig klar.
Auch die Straßen waren nicht wie zuhause - wir fuhren ja nicht auf den Neckermann-Routen, aber doch auf wichtigen Straßen im Landesinnern.
In Bosnien wir das Land ganz schön bergig.
Die berühmte Brücke von Mostar - damals noch im Original aus dem 16. Jahrhundert, damals ein Meisterwerk der osmanischen
Ingenieurbaukunst. Sie war Symbol des Brückenbaus zwischen Ost und West, zwischen der Welt des Christentums und der der
Muslime, auch zwischen den katholischen Kroaten und den orthodoxen Serben, bis sie deshalb 1993 im Rahmen des Krieges
in Bosnien und Herzegowina durch den Kroatischen Verteidigungsrat
gezielt zerstört wurde (so in der
Anklageschrift des Internationalen Strafgerichtshofs ausgeführt).
Wir konnten damals direkt unter der Brücke übernachten, eine Romafrau lud uns zum Kaffee ein und brachte uns bei,
wie man ihn macht: Türkisch Kaffee muss sein süssss, heissss und starkkkk wie die Liebe!
Und dann sahen wir, worauf uns auch niemand vorbereitet hatte, auch nicht in der Schule: Moscheen. Dass es den Islam gibt, hatten wir vielleicht einmal gehört - aber dass er wirklich Realität ist? Er war es, wir hörten den Muezzin rufen, sahen Männer im Kaffeehaus sitzen. Dass Frauen Kopftuch tragen, das allerdings waren wir von zuhause gewohnt: beim Putzen haben das unsere Mütter auch gemacht.
Faszinierend auch: die Märkte mit exotischen Früchten und allerlei Krimskrams, den wir so noch nie gesehen hatten - besonders eindrücklich die vielen schönen Lederarbeiten.
Die Armut der Bevölkerung war überall deutlich. Und wir, deren Väter vor nicht ganz 30 Jahren den Krieg doch verloren hatten, wir hatten schon als junge Leute Autos - und Geld - für dortige Verhältnisse offenbar richtig viel Geld, obwohl wir höchst sparsam reisten!
Eindrücklich: die Weite der Landschaft mit nur ganz dünner Besiedelung.
Kurz nach diesem Erfrischungs-Halt in einer Dorfwirtschaft erlebten wir, dass die hart auf ihren Kargen Feldern
arbeitenden Bauern und reichen
Deutschen mit der Heugabel verfolgen wollten; aber wir hatten ja - die auch
auf Schotterstraßen schnelleren - Autos.
Nach vielen kargen und heißen Tagen kamen wir wieder ans Meer ...
... und erreichten unser Ziel, die Bucht von Kotor.
Die Bucht von Kotor mit der Insel Gospa od Milosti (links) - darauf die Kirche zur Heiligen Jungfrau Maria - und der Insel Školj - seit der Zeit der Venezianischen Herrschaft auch “Sveti Marko”.
Wir fanden einen schönen Platz direkt am Wasser, unweit des Ladens, in dem man das Nötigste kaufen konnte. Die Leute kamen hier mit dem Tragesel, um ihre Einkäufe zu machen.
Direkt über der Buxcht erheben sich die hohen Berge von Montenegro
- Schwarzberg
.
Auf der Heimfahrt sehen wir dann die Einrichtungen für die Pauschalreisenden in Dubrovnik ...
... und die berühmte Altstadt, noch vor der Ernennung zum Weltkulturerbe und vor der Zerstörung durch serbischen Beschuss im Kroatienkrieg 1991.
An der Küste sieht alles sehr viel wohlhabender aus als im Landesinnern, selbst die Moscheen.
geschrieben am 12. Januar 2013