Karfreitag, 18. April / Karsamstag, 19. April
Es ist Karfreitag, es ist kühl geworden - und es ist noch immer still - und friedlich. Ich mache mich auf den Weg zum eigentlichen Kloster - und es gelingen mir dort schöne Bilder, obwohl die Sonne sich versteckt hält.
Dennoch: auch am Karfreitag blüht es schon kräftig.
Nur wenige Kilometer weiter liegt noch richtig viel Schnee; hier ist ein Leistungssportzentrum für Biathlon, man erkennt noch die Loipe und im Hintergrund den Schießstand.
Im kleinen Ort Villard-Bonnot bei Grenoble ist
vom alten Augustinerchorherrenstift nichts erhalten, aber ich treffe
am Zentralplatz in der Ortsmitte wieder auf Erinnerung an die Erbfeindschaft
. Wie großartig doch das friedlich
gewordene Europa heute ist - an die Nachrichten aus der Ukraine denke ich lieber nicht ...
Vor der Kathedrale in Grenoble gibt es römische Reste. Auch wenn der Karfreitag in Frankreich kein Feiertag ist, haben nicht alle Menschen Arbeit. Aber das wetter ist dem Tag angemessen schlecht. Ich beschließe, weiter in den Süden zu fahren, wo es wärmer sein muss.
Am Abend wird es dort tatsächlich deutlich heller, die Berge sind nun auch niedriger. Dennoch beschwert sich ein offenbar Einheimischer beim Pinkeln an der Raststätte, es wolle dieses Jahr einfach nicht warm werden. Ich bin bei Tagestemperaturen von rund 20 Grad nicht unzufrieden, die Maßstäbe sind offenbar unterschiedlich ... Aber es ist bedeckt, da gelingen die Fotos nicht so recht; ich bleibe und arbeite an einer Raststätte - und beobachte die Leute, die unterwegs sind zum langen Wochenende ...
Ostersonntag, 20. April
Nun ist es noch kälter geworden. Auch die Penner
vor der
Kathedrale in Sisteron
fröstelt; innen in der Kirche ist es aber gut geheizt, der
Ostergottesdienst wird vorbereitet. Ich fahre zum Feiern
noch ein Stück weiter ...
... ins Kloster Ganagobie,
wo die schöne Geschichte vom heiligen
Transi
spielt. Obwohl hoch auf dem Berg, weitab von jeder Ansiedlung gelegen, ist die Kirche gut gefüllt. Ich
komme gerade noch rechtzeitig zum Empfang der EucharistieDie Eucharistie - von griechisch „ευχαριστειν, Dank sagen” - vergegenwärtigt das heilvolle Sterben Jesu Christi.
Die Römisch-Katholische, die Orthodoxe und die Anglikanische Kirche nennen diese Mahlfeier im Anschluss an 1. Korintherbrief 11, 24 Eucharistie, die Evangelischen Kirchen sprechen von „Abendmahl” im Anschluss an Markusevangelium 14, 17 und 1. Korintherbrief 11, 23..
Der Reiseführer legt mir den Besuch von Moustiers-Sainte-Marie nahe; tatsächlich ein großartig an den Berg geschmiegte Städtchen, wirklich sehenswert - und voll von Touristen, auch aus Ostasien.
Oben im Berg liegt die Wallfahrtskapelle Notre Dame de Beauvoir, zu erreichen nach steilem Anstieg mit vielen Stufen. Die Aussicht wäre bei besserem Wetter sicher grandios. Dass mir ständig Simone de Beauvoir in den Kopf schießt, ist wohl eher nicht im Sinne der Erbauer.
Mich begeistert die große, fast fensterlose Kirche, früher zu einem Kloster gehörig. Man ist auf den Tourismus eingestellt: es läuft - sehr eindrucksvolle, beruhigende sakrale Musik über Lautsprecher und es ist Dank Heizung angenehm warm.
Schön auch der Altar, ein Sarkophag aus gallo-römischer Zeit, der lange als Parkbank vor der örtlichen Sparkasse stand.
Sein Relief zeigt Israels Durchzug durchs Rote Meer.
Exodus - Freiheit - besser kan man Ostern nicht
verbringen.
Am Abend genieße ich unerwartet noch ein Kunstwerk von Marc Chagall: Die Mahlzeit der
Engel
, 1975, gefertigt im Auftrag der Schloss- und
Weingutbesitzer im ehemaligen Kloster
Celle-Roubaud, wo ich
eigentlich nur die mir wenig bedeutsam erscheinende Heilige
Roselina beuchen will. Auch sie hat,
wie Elisabeth von Thüringen Arme
gespeist, wobei sich das Brot in Rosen verwandelte.
Ostermontag, 21. April
Den Tag verbringe ich arbeitend an der Raststätte. Und schaue den Menschen zu: einerseits exklusives Publikum mit
allem, was der Automarkt an teuren Schlitten hergibt - die Côte d'Azur ist eben Wohnort der Feineren. Das Restaurant
an der Raststätte ist von McDonalds (es gab einmal eine Zeit, da wollten die Franzosen den amerikanischen Bratmaxen nicht
in ihr kulinarisch hochstehendes Land lassen), da geht auch das aufgetakelte Publikum am Feiertag essen.
Das freie Internet
war schon am Hinweisschild an der Autobahn groß angekündigt. Es funktioniert nur im Gebäude
- wie wohl überall bei der Hamburger-Kette. Und nicht mit meinem Handy. Mit dem Laptop erkenne ich, dass mein Handy den
Bestätigen
-Button nicht anzeigt; schließlich kann ich per Laptop wenigstens die Mails lesen. Dann kommt schon der
Restaurant
-Chef und weist darauf hin, dass man nur während des Essens surfen darf. Zu Essen aber habe ich:
Am Abend fragte mich der Fahrer eines italienischen Kleintransporters, ob ich ihm ein Messer leihe, das er für sein
Vesper braucht. Zum Dank bekam ich ein großes Stück Ziegenkäse und eine fast volle Flasche Landwein, gehaltvoller Rosé.
Dienstag, 22. April - Donnerstag, 24. April
Ich fahre jetzt endgültig an die Küste: Mare! Auf dem Weg nach Agay, einem Ortsteil von Saint-Raphaël, wo Antoine de Saint-Exupéry eine Zeit lang lebte, erlebe ich die ersten Mutigen am Strand - und diese Seniorengruppe bei der Gymnastik. Es ist schön hier - kein Wunder, dass die Côte d’Azur so beliebt ist.
Am Nachmittag suche ich im Hinterland nach einem Campingplatz und finde einen herrlich in einem Wäldchen gelegenen
Platz, auf dem ist fast alleine bin. Das Wetter hat sich gemacht - Sonnenschein pur, nur die Nächte sind (bei klarem
Himmel) noch recht frisch. Es gibt eine recht gute Internetverbindung und Zeit und Muße zur Arbeit.
Ich lese einen Krimi, der in Tel Aviv
spielt - als Krimi nicht besonders (die herrische Ehefrau ist die Mörderin der Prostituierten, die ihr Mann aufsuchte) -
aber höchst aufschlussreich in der Beschreibung des Lokalkolorits und der israelischen Gesellschaft (die deutsche Autorin
lebt dort). Dabei erinnere ich mich, dass ich letztes Jahr nach Israel wollte. Wollte! Dieses Jahr wollte ich nach Spanien.
Aber hier in Südfrankreich ist es so schön, warm, alles in bester Ordnung und gepflegt - was soll ich in Spanien?
Ich bin immer wieder aufs Neue erstaunt, wie sauber und ordentlich das Land ist; selbst die Autos fahren verhalten und
ganz nach Tempolimit, fast wie in Skaninavien, nur nicht ganz so sklavisch.
Und Farthinder
gibt es hier fast noch häufiger als dort - offenbar ist der Mensch wichtiger als das Auto. Einziger
Wermutstropfen: die Zigaretten hier sind wirklich teuer! Meine Vorurteile purzeln.
Die Tracks:
Digne
Fréjus
Fayence
geschrieben am 24. April 2014