Welt bereisen Das Reiseblog des Ökumenischen Heiligenlexikons

Palmsonntag in Córdoba

   J. Schäfer          

Sonntag, 29. März bis Montag, 30. März

Es ist Palmsonntag, die Semana Santa und damit die Prozessionen beginnen; ich gehe in der Altstadt mit den strömenden Menschemassen und komme so zur Prozessionsstrecke an der Kirche Kirche S. Lorenzo. Das (lokale) Fernsehen ist auch schon da, dazu die staatliche und die kommunale Polizei sowie das Amt für Umweltschutz - also alles, was man an Ordnungsmacht aufbieten kann.


Schließlich kommt der Beginn des Zuges, das Vortragekreuz und die Büßer mit ihren spitzen, das Gesicht verdeckenden Hüten.

Auch ganz kleine Kinder gehen mit. Wobei gehen der falsche Ausdruck ist, es wäre verfehlt zu meinen, Prozession komme von Vorangehen. Die weitaus häufigste Bewegungsform ist Stehen, selten geht es ein paar Meter vorwärts. Und es gibt so viel zu tun, was im Stehen zu erledigen ist: die Mütter zupfen an ihren Kindern; viele Ordner - alles Männer - mit Abzeichen und wichtigem Gesichtsausdruck walten ihres Amtes, wobei ich eine Ordnung eigentlich nicht erkennen kann, alles läuft wild durcheinander; fast alle fotografieren; wirklich alle kämpfen um die besten Plätze in der ersten Reihe, durchaus mit Körpereinsatz. Und wenn - wenn! - sich etwas bewegt, klatscht die Menge.

Dann kommt, unter Vollgeläut der Glocken und Einsetzen der Blaskapelle, der erste Paso aus der Kirche, die Darstellung des nach Jerusalem einziehenden Jesus. Die Palmwedel sind praktischerweise aus Plastik.

Eine ganz wichtige Aufgabe haben natürlich die Costaleros, die Träger der Pasos. Die Ersatzmänner gehen voran, zeigen ihre männliche Kraft, begrüßen hier, busseln da und sind sich ihrer Wirkung auf die Damenwelt gewiss. Veranstalter der Prozessionen sind die Cofradías, die Bruderschaften, stolze Männerbünde mit jeweils eigenem Vereinslokal, die sich das ganze Jahr über auf ihren großen Tag vorbereiten; und sicher haben diese Männerbünde auch gesellschaftlich ihre Bedeutung.

Das Tragen des Pasos ist natürlich Schwerstarbeit.

Ohrenbetäubend!

Wir nähern uns dem Höhepunkt: der Paso mit Maria kommt aus der Kirche - Glocken, Kapelle, Applaus!

Die Büßer vor Maria haben teilweise blaue Spitzhauben - denn es ist natürlich Maria die Unbefleckte.

Mit Maria ist der Höhepunkt erreicht, deshalb geht direkt hinter ihr der Priester mit seinem Gefolge.

Und mit der Kapelle für Maria ist das Ende erreicht - knapp zwei Stunden, die sich keiner entgehen lassen wollte. Nun streben alle schnell in die nächste Bar, das nächste Restaurante, um das Gesehene zu verdauen.

Im Spanischen Bürgerkrieg gab es auch Märtyrer des Seminars der Salesianer in Córdoba: Antonio Dionisio Torrero Luque.

In der Kirche des Seminars wird die Palmsonntagsmesse vorbereitet, jeder bekommt einen Myrrhezweig.

Die Tafel verzeichnet alle Absolventen, die als Märtyrer starben.

Den Weg in den Kern der Altstadt muss ich nach langer Parkplatz-Suche von jenseits des Flusses gehen. Die Brücke stammt im Kern aus der römischen Zeit, gebaut unter Kaiser Augustus, der Blick geht auf die maurische Mezquita und die in diese eingebaute Kathedrale.

Im Fluss stehen Ruinen der Mühlen, mit denen die Mauren das Wasser in ihre Bauten schöpfen ließen. Nach der Reconquista störte Königin Isabel ihr Lärm, sie wurden stillgelegt, nun mussten Bedienstete das Wasser tragen.

Schon von außen sieht man: die Mezquito, die ehemalige Moschee, ist ein riesiges Bauwerk: 175 x 134 Meter groß.

Daneben steht das prächtige, von Johannes von Ávila gegründete Priesterseminar …

… und der ab 1328 von König Alfons XI. - ausnahmsweise nicht von den Mauren und auch nicht vom Eroberer, Ferdinand III. -, gebaute Alcázar, eine mächtige Trutzburg. Von 1490 bis 1821 war die Burg Sitz der Inquisition, dann bis 1951 Gefängnis.

Der Gang durch die Altstadt, u. a. zur Kirche von Victoria von Córdoba und dem Kloster von Alvarus von Zamora und Franz von Posadas, geht durch am Sonntag belebte und bunte alte Gassen, hier im ehemaligen Judenviertel.

Durch die Gassen grüßt dann der Glockenturm der Kathedrale.

Der Orangenhof - früher der Vorhof der Moschee - wurde von den Christen mit Orangenbäumen bepflanzt.

Das älteste Tor, das Stephans-Tor, stammt von der ersten Moschee.

Im Innern beeindruckt das Säulengewirr der früheren Moschee - von über 900 blieben auch nach Einbau der Kathedrale 856 Säulen stehen. Die rot-beige Farbe, die symmetrische Anordnung, die Doppelbögen schaffen auch in dem dunklen Raum ein Gefühl von Weite, Beschwingtheit und Erhabenheit.

Nach der Machtübernahme durch die Mauren benutzten diese zunächst die Vinzenz von Valencia geweihte Kirche mit den Christen zusammen. 785 kaufte (!) Abd-ar-Rahman I. die Kirche den Christen ab und ließ an ihrer Stelle die erste Moschee bauen, die dann bis 1008 drei Erweiterungen zur heutigen Größe erfuhr, wobei die Säulenstruktur der ersten Moschee immer weitergeführt wurde, so dass sich heute der einheitliche Baukörper zeigt. Die Moschee von Córdoba löste damals diejenige von Damaskus als Referenzbau ab.

An den Außenmauern der Moschee wurden nach der Reconquista verschiedene Kapellen angebracht, darunter diese mit dem Bild vom Abendmahl, wobei laut dem offiziellen Prospekt der Kathedrale die Abendmahlsgäste die Märtyrer von Córdoba darstellen; durch Eulogius von Córdoba haben wir über diese viele Nachrichten.

Ein maurischer Steinmetz fertigte 969 diesen Grabstein.

Die ganze christliche Kathedrale und ihre Einbauten wirken deplaziert. Die Stadt wehrte sich lange gegen dieses Ansinnen, dann erteilte Kaiser Karl V. nach 1519 doch die Erlaubnis; nachdem er das Werk sah, sagte selbst dieser glühend katholische Herrscher: Hätte ich gewusst, was ihr vorhabt, ihr hättet es nicht gemacht. Was ihr zerstörtet, war einmalig auf der Welt.

In der Schatzkammer der Kathedrale hängt dieses Bild von Antonio Palomino de Castro y Velasco, gemalt um 1710, das Raphaels Erscheinung vor Pater Roelas zeigt.

Schmuckstück der Moschee waren die Tore.

Höhepunkt ist der Mihrāb.

Dagegen wirkt der Hochaltar der Kathedrale mit den Bildern der Stadtpatrone Acislus und Victoria fast peinlich.

Zum Abschluss: eines der Tore der Moschee von außen; sie werden gerade restauriert.

Tracks gibt es wieder nicht.

geschrieben am 2. April 2015



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