Freitag, 20. März
In Bornos bin ich, weil Gerald von Braga hier starb. Das Rathaus fotografiere ich, weil das Schild zeigt, dass selbst in der tiefsten spanischen Provinz öffentliches Internet selbstverständlich ist. In good old Germany, dem Land der herausragenden Technologie, hat unsere Regierung jetzt das Gesetz vorgelegt, das sie zur Erleichterung des Zugangs lange versprochen hat; Ergebnis: die Router müssen weiterhin geschützt bleiben, Zugang gibt es nur gegen Identifizierung der Nutzer - in der Praxis also weiterhin praktisch nicht. Entsprechend hat der High-Tech-Standort Stuttgart seine schon für 2014 versprochenen - wenigen - öffentlichen Zugangspunkte noch immer nicht eingerichtet, wird es auch bis Sommer 2015 nicht schaffen; Projektpartner der Stadt ist der bekanntermaßen wohl Serviceschlechteste, Kabel BW. Ein Land macht sich zum Affen, aber predigt anderen, wie man Wirtschaft machen müsste …
Heute - Google hat mich daran erinnert ist Frühlingsanfang. Google scheint zu irren: keine Sonne, ständiger Regen, dazu
kalt. Es ist November!
Das Dorf Palmar de
Troya besuche ich wegen seiner
Marienerscheinungen -
und lerne Absurdes kennen - wenn auch nur von Ferne -, darunter General Franco und Adolf Hitler als Heilige!
Das Seminar der Salesianer in Utrera, ein imposantes Bauwerk, besuchte der Märtyrer Antonio Dionisio Torrero Luque.
Wie bei fast allen Bauwerken in Spanien: die mächtige Fassade verbirgt einen liebevoll verspielten Innenhof.
Was es nicht alles gibt: ein kommunaler Abschleppwagen. Aber ich parke diesmal ganz legal.
Am Abend komme ich nach Sevilla; zentrumsnah
hat ein Autohändler seinen Platz als Wohnmobil-Stellplatz ausgewiesen - sehr praktisch. Ich koche meine letzte deutsche
Dose; Nachschub gibt es hier nicht; was zu loben ist: in Spanien kocht man offenbar noch selbst, ist für mich schade. Auf
dem Campingplatz in
Roche war ich essen. Auf der Karte gab es Gulasch vom Stier
- Rind hätte mir eigentlich genügt; ich dachte, das
esse ich, denn da können ja nicht die Pommes die Beilage sein, die es sonst immer gibt. Können doch! Aber wenigstens war
das Gericht gewürzt, sonst ist das Fleisch immer natur; Spanien hat das marokkanische Gewürzparadies vor der Haustür und
verschmäht es …
Samstag, 21. März
Der Weg ins Zentrum führt über den Platz, auf dem bald die Feria de Abril
stattfinden wird. Neben unzähligen
Zelten gibt es auch das fast fertig aufgebaute riesige Tor.
Der Palacio Español, gebaut für die große ibero-amerikanische Ausstellung 1929, ist trotz des schlechten Wetters beliebtes Ausflugsziel; er liegt in einem riesigen Park gleich beim Stadtzentrum.
Ein riesengroßes, prächtiges Bauwerk ist die ehemalige Tabakfabrik, heute Universität. In der Tabakfabrik arbeitete Carmen - die Carmen aus Bizets Oper.
Eine Wucht ist die Kathedrale von Sevilla: die sechstgrößte Kirche der Welt. Vor dem Bild der Maria de la Antigua dankte Ferdinand Magellan 1522 nach seiner ersten geglückten Weltumsegelung.
Sevilla war auch Ausgangspunkt der Reisen von Christoph Kolumbus, sein prächtiges Grab ist deshalb in der Kathedrale. Untersuchungen ergaben, dass es tatsächlich nur 15% seiner Gebeine birgt, der Rest liegt wohl noch in Santo Domingo in der Dominikanischen Republik, wohin sie 1537 seinem Wunsch gemäß gebracht worden waren.
Der Versuch, die Kathedrale zu fotografieren, ist ob ihrer Größe von vornherein zum Scheitern verurteilt, hier also nur eines der Portale. Trotz des schlechten Wetters und obwohl ja wahrhaft keine Saison für Tourismus ist, musste ich am Eingang fast eine Stunde Schlange stehen - im strömenden Regen, aber immerhin wieder mit Schirm.
Die Bauten an der Orangerie erinnern an die maurische Zeit, das Brunnenbecken soll sogar noch älter sein und aus der Ära der Westgoten, also aus der Zeit von Hermenegild, Leander und Isidor von Sevilla stammen.
Auch die Giralda
, der Turm, stammt im unteren Teil noch von der früheren Moschee. Die Giraldilla
, die
Bronzefigur auf der Spitze, wiegt 28 Zentner und dreht sich im Wind.
Direkt neben der Kathedrale: das Casa de la Lonja, die frühere Börse, gebaut im 16. Jahrhundert. Glaube und Geld …
Seit dem 18. Jahrhundert beherbergt das Gebäude das Archivo de Indias
mit Dokumenten, Karten und Beutestücken aus
der Kolonisation. Glaube und Macht …
Auch vor dem Königspalast heißt es Schlange stehen.
Wieder ist der maurische Einfluss unverkennbar: es waren Handwerker des befreundeten Herrschers Mohammed V. aus
Granada - auch das
gab es also zwischen katholischen Königen
und Mauren, die für Pedro I. den Grausamen
ab 1364 den Palast
bauten.
Heiraten kann man hier heute auch als Bürgerlicher - und Regentropfen auf den Brautschleier sollen ja Glück bringen.
Natürlich gehört zum Palast ein herrlicher Garten. Das links ist übrigens kein Wasserfall, sondern eine Dachrinne.
In der Kirche San
Salvador stehen jetzt wie in allen Kirchen schon die riesigen Pasos
, die zentnerschweren Tragefiguren mit
Marien- und Passionsdarstellungen für die Prozessionen in der Semana Santa
, der
Karwoche.
Auch die Madonna vom Morgentau
wird ihren Altar verlassen und an
der Prozession teilnehmen.
Vor der Kirche beginnt jetzt, am Samstagabend, die Feier des Wochenendes.
… und auch vor der Kathedrale hat sich die Jugend fein gemacht.
Unweit der Kathedrale: ein schönes Hotel. Ich marschiere in mein eigenes …
… vorbei an einem der vielen Denkmäler für Isabella II., obwohl Sevilla ja schon zuvor vom Stadtpatron Ferdinand III. zurückerobert wurde.
Sonntag, 22. März
Im Seminar der
Salesianer de la Trinidad, das Antonio
Dionisio Torrero Luque und Francisco
Míguez Fernández besuchten, soll im Keller auch das Gefängnis von
Justa und
Rufina gewesen sein.
Heute ist Wahltag und deshalb hier viel los: die Schule ist Wahllokal, die Menschen drängen sich, wie ich später auch
in anderen Wahllokalen sehen. Und an jedem Wahllokal steht Polizei.
Auch in der Franziskanerkirche ist großes Gedränge am Sonntagvormittag, aber nicht wegen der Messe. Ich erlebe diese in der nahen Markuskirche: wenige Menschen, Musik vom Band und ein uralter, sichtlich völlig seniler Priester. Die Leute kommen in die Franziskanerkirche und andere Kirchen in Massen, um die für die Prozession bereitstehenden Tragefiguren zu sehen; es ist ein Gedränge wie beim Volksfest.
Eines der Objekte der Begierden: eine Passionsdarstellung.
Immer wieder nett sind die Keramikbilder, hier für Angela de la Cruz an ihrem Geburtshaus.
Eine schöne alte Kirche: die Hermenegild geweihte.
An einer Brücke über den Fluss steht das 19 errichtete Toleranzdenkmal
. Auf der anderen Seite der Brücke war
früher im damaligen Castillo
de Sant Jorge die Inquisition untergebracht.
Auf dieser anderen Seite der Brücke genießen die Leute den Sonntagnachmittag, nachdem nun auch die Sonne erschienen war.
Auf der Halbinsel des ehemaligen Kartäuserklosters fand 1992 die Weltausstellung statt; übrig blieben leere, zerfallende Pavillons und diese Rakete.
Das Kloster, in dem sich Christioph Kolumus oft aufhielt und in dem er zunächst fast 30 Jahre lang bestattet war, wurde 1838 eine Keramikfabrik, von der dieser schöne Turm blieb, seit der Expo ist es Museum.
Die Wahl ist gelaufen - mit gestiegener Wahlbeteiligung von 64% - nicht schlecht für eine Landtagswahl. Eigentlich
sollte die Wahl erst wie in den anderen autonomen Gemeinschaften
- unseren Bundesländern entsprechend - im Herbst
sein. Die Regierungschefin von der PSOE hat sie aber vorgezogen, damit Podemos überrascht, im Aufbauprozess gestört und
damit nicht so stark wird; die Rechnung ist im Wesentlichen aufgegangen: statt der prognostizierten bis zu 20% erhielt
Wir können es
nur 15%, konnte damit seit dem Überraschungserfolg bei der Europawahl aber fünf Prozent zulegen; die
sozialdemokratische PSOE konnte sich bei 35% halten - und das, obwohl auch die PSOE tief im Korruptionssumpf steckt:
ihre Regionalpolitiker in Andalusien eigneten sich Gelder an, die für Arbeitslose bestimmt waren. Die Volkspartei (PP)
von Spaniens Regierungschef Rajoy aber verlor glatt ein Drittel ihrer Wähler und landete bei 27%. Die neue konservative
Protestpartei erhielt aus dem Stand 9%.
Insgesamt also ein klares Zeichen für andere Politik in
Madrid nach den
landesweiten Wahlen im Dezember.
Als Nachtrag zur Sherrystadt
Jerez de la Frontera
habe ich jetzt gelesen, dass sie mit 35 Prozent Arbeitslosigkeit an der Spitze der spanischen Statistik steht.
Man muss sich klar machen, dass die Austeritätspolitik für die Menschen eine Katastrophe ist: in Spanien herrschen
23 % Arbeitslosigkeit, 53,5 % Jugendarbeitslosigkeit (noch ein wenig mehr als in Griechenland), das
Inlandsprodukt ist seit 2009 um 4,6 % gefallen, die Staatsverschuldung hat sich dagegen mehr als verdoppelt. Nach Angaben
der OECD gehört Spanien zu den Ländern, in denen sich die Ungleichheit der Einkommen während der Krise am meisten
verschärft hat. Das ärmste Zehntel der Spanier büßte 13 % des verfügbaren Einkommens ein, das reichste Zehntel dagegen
nur 1,4 %. (Handelsblatt, 26. Dezember 2014)
Montag, 23. März
In Carmona hat die Kirche Sta. Maria mit einer Säule aus westgotischer Zeit, die den ältesten Kalender Spaniens trägt, der Fructuosus von Tarragona erwähnt, leider geschlossen - es ist Montag. Auch in Marchena finde ich in der Kirche San Juan nicht die erhofften Spuren von Johannes Grande, aber einen schönen Altar …
… und diese Empfängnis der Maria.
Glück habe ich dagegen in der Kirche des Salesianerkollegs in Morón de la Frontera: weil auch hier die Prozessionsvorbereitungen vorgenommen werde, ist sie offen und ich finde die Bilder der beiden gesuchten Märtyrer des Spanischen Buergerkriegs.
In der Türkei ist mir ja einmal ein Düsenjäger auf der Straße entgegen gekommen - aber in Morón fliegt er sogar, mitten in der Insel des Kreisverkehrs.
Am Salesianerkolleg in Écija wirkte zeitweise der spätere Märtyrer des spanischen Bürgerkrieges, Francisco Míguez Fernández.
Écija sei die heißeste Stadt in ganz Spanien; davon merke ich nichts: ich gehe mit Schirm und fröstelnd durch die Gassen, vorbei am Palacio de Benamejí, heute archäologisches Museum …
… und diesem Hauseingang mit Blick in den Patio.
Die Stadt ist berühmt für ihre verzierten Kirchtürme, hier der der Kirche Santa Maria, an der Johannes von Ávila Beichtvater war und eine Fürstentochter bekehrte.
Die Marienstatue neben ihrer Kirche glänzt bei diesem Wetter auch nicht so recht.
Der schönste Kirchturm der Stadt ist der der Kirche San Juan.
Eindrucksvoll auch der Büßerturm
der Klosterkirche San Pablo y Santo Domingo.
In der Kirche Santa Cruz fällt die Statue von Zephyrinus Giménez Malla ins Auge.
Auch die Kirche Santa Cruz lässt ahnen: Ecija war einst eine bedeutende Stadt, früher Bischofssitz, den u. a. Fulgentius innehatte.
Dienstag, 24. März bis Samstag, 28. März
Zum Arbeiten verbringe ich die Tage auf dem kleinen Campingplatz
La Campina, einsam
in der Weite der gleichnamigen Landschaft gelegen. Ich bin fast allein hier, sonst nur wenige Engländer. Besitzer ist ein
holländisches Ehepaar, entsprechend perfekt ist hier die Ausstattung. Eine Idylle!
Und seit Freitag ist auch die Sonne da, es ist herrlich warm. Dies war zwar schon für Mittwoch angekündigt, aber es
heißt ja auch Wetterbericht
und nicht -prognose
, die aktuelle Ansage stimmt ja in der Regel …
Der Track vom Sonntag:
Sevilla - ich arbeite weiter daran, dass alle funktionieren.
geschrieben vom 24. bis 27. März 2015