Samstag, 27. Januar bis Sonntag, 12. Februar
Ich fühle mich pudelwohl hier auf dem Camping
Luminoso
, es ist alles einfach perfekt, oft auch der Sonnenuntergang.
Die Fahrt zum Einkaufen nutze ich, um Madonna delle Milizie
, die
Madonna des Volksheeres
zu besuchen; dies geht
zurück auf das in einer Legende des 17./18 Jahrhunderts erzählte Erscheinen der Maria hoch zu Ross beim Kampf gegen die
Muslimen 1091 an der Stelle des heutigen
Santuario Maria delle
Milizie oberhalb der Küste - ähnlich wie
Jakobus in der Schlacht bei
Clavijo -; so
ermutigt eroberte Normannenfürst Roger I. die Insel.
Nachmittags - außer bei Regen - tafeln meine italienischen Nachbarn und für mich fällt dabei einiges ab: italienische Küche ist großartig - einfach, aber immer sehr, sehr lecker! Auch das Brot im kleinen Supermarkt: außerordentlich schmackhaft!
Dann wieder einmal ein sehenswerter Sonnenuntergang hinter den Ruinen des früheren Leuchtturmes direkt am Campingplatz.
So warte ich also, dass die Tage länger und die Temepraturen höher werden, arbeite fleißig an Heiligen - besonders denen aus
Sizilien -
und genieße die Tage, auch wenn es oft - und dann heftigen - Regen und Gewitter gibt.
In Deutschland ist alles wie immer, Schäuble zieht wieder gegen die Griechen her, alle natürlich über Trump und fast alle
unterstützen die massiven Maßnahmen gegen Flüchtlinge; eine Mauer brauchen wir ja nicht, wir haben das Mittelmeer und die
Türkei; dass Mutti Merkel dafür Wahlkampf für Erdoğan machen muss, ist ja im deutschen Interesse: wir sind sowieso die
Guten, da brauchen wir uns über die Abschaffung der Demokratie in der Türkei nicht so sehr aufregen. Und den Rüstungsetat
erhöhen wir jetzt auch massiv, so schafft man Frieden.
Und dann gibt es ja auch noch den neuen Messias: Martin Schulz. Überflügelt die Kanzlerin in der Beliebtheit. Verschafft
der SPD ungeahnte Höhenflüge. Ein Wunder! Nur: Die Leute werden noch vor der Wahl erkennen, dass unter ihm der Kurs der
SPD noch neoliberaler wird als er ohnehin schon seit langem ist. Vor der Wahl links reden, danach neoliberal handeln, das
haben die Leute durchschaut: noch mehr Leiharbeit mit neuem Rekord, der Mindestlohn löchrig wie Schweizer Käse - und seit
Mitte 2016 nicht mehr kontrolliert, wegen der Flüchtlinge
-, die Hartz IV-Rgeln noch verschärft, für die Rente
nichts getan, die unsägliche Riester-Rente reformiert durch eine Betriebsrente
, bei der die Bedingungen noch
schlechter sind (!), die Einkommenschere noch weiter auseinander, bei der Erbschaftssteuer nichts erreicht.
Vor der Baden-Württemberg-Wahl hatte ich für die SPD 18% prognostiziert, aber es war mir zu gewagt, es zu sagen.
Geworden sind es bekanntlich 12,7%, der Verlust von fast der Hälfte der Wähler. Jetzt wage ich es: bei der Bundestagswahl
wird das Projekt 18
für die SPD erfolgreich und die neue Koalition unter Merkel wird wieder schwarz-rot, vielleicht
noch grün dazu, weil es anders nicht reicht.
Und Europa wird - nach den Wahlen in Frankreich, den Niederlanden und Italien - am Ende sein. Es gibt ein wirklich
sehenswertes und lehrreiches Video bei You Tube, in dem der linke Ökonom Heiner Flassbeck die Gründe darstellt:
Was ist los in Europa? Noch aufschlussreicher als dessen
Vortrag selbst ist das völlig inhaltsleere Geschwafel seines Gegenspielers, eines - gemäßigten - Mainstreamökonomen mit
dem treffenden Namen Lücke. Und noch erschrckender als der Vortrag ist die Ahnungslosigkeit der studentischen Fragesteller
- Studenten an einer der bedeutendsten wirtschaftswissenschaftlichen Fakultäten in Deutschland.
Einige erfahrene Lehrer in meiner alten Gemeinde vertraten unisono die These, es seien immer die dümmsten ihrer
Abiturienten, die Wirtschaftswissenschaften studieren. Stimmt offensichtlich.
Noch eine Lesefrucht: ein Interview des Deutschlandfunks mit Michail Gorbatschow aus dem Jahr 2009 (!):
Die
deutsche Presse ist die bösartigste überhaupt
. Knapp 20 Jahre danach stehen deutsche Soldaten wieder einmal
300 km vor St.
Petersburg. Ob das wohl auch mit der Kanzlerkandidatur von Martin Schulz zusammenhängt, wie
Norbert Häring postuliert?
Noch 10 Tage werde ich hierbleiben, dann geht's los …
geschrieben am 11. Februar 2017