Welt bereisen Das Reiseblog des Ökumenischen Heiligenlexikons

Athen

   J. Schäfer          

Mittwoch, 29. Mai

Der Weg in die Stadt geht wie in einer Großstadt üblich mit Omnibus und dann U-Bahn, beide sind ganz ok. Ich lande zuerst an der Athener Trilogie aus Nationalbibliothek, Universität und hier der ab 1856 errichteten Akademie. Die drei von deutschen und österreichischen Architekten zur Zeit der Regentschaft von König Otto - weitgehend aus Spenden finanzierten - Gebäude sollten die antiken Vorbilder nachahmen, nachdem Athen 1834 die Hauptstadt geworden war und aus dem Dorf von 4000 Einwohnern eine Stadt werden sollte.


Direkt daneben: die mächtig prächtige katholische Dionysius-Kathedrale; der spätere Papst Johannes XXIII. war hier ab 1937 als Gesandter des Vatikanstaates in der Türkei und Griechenland tätig; dass Griechenland seit über 100 Jahren das türkische Joch abgeschüttelt hatte und selbständig war, wollte man in Rom damals offenbar nicht wahrhaben - im Zweifel lieber muslimisch als orthodox, dann ist das wenigstens das Feindbild klarer.
In der Kirche zeigt ein Glasfenster - die anderen zeigen aus Athen stammende Päpste - den heiligen Otto. Es gibt keinen heiligen Otto, der irgendetwas mit Griechenland zu tun hätte; jeder denkt dabei also an den 1862 durch den Volkaufstand aus dem Land gejagten bayerischen König Otto von Griechenland. Die Fenster wurden nach 1880 eingesetzt, also auch nach 20 Jahren hielt die katholische Kirche noch am katholischen König fest …

Wenig weiter: der Syntagma-Platz mit dem Parlamentsgebäude, als Schloss für König Otto gebaut, seit 1932 Sitz des Parlaments.

Nach der Kirche Metamorphosis, wo Nikolaos Planas zum Diakon geweiht wurde, komme ich dorthin, wo sich die Touristen ballen. Am ersten Ausgrabungszentrum steht das Hadrianstor von Kaiser Hadrian, der als Römer eine besondere Liebe zum Hellenismus und Athen entwickelt hatte, 131/132 errichtet. Dahinter erhebt sich die Akropolis. Mich interessiert aber der daneben stehende Zeus-Tempel Olympeion, denn dort wurde Michael Paknanas von den Türken hingerichtet.

Dann lande ich wieder einmal an der falschen Kirche, der Kirche Fotini Ilissos; sie ist Photini geweiht; ich aber suche die Ilissos-Basilika.

In der Fotini-Kirche gibt es einige schöne Ikonen. Diese ist mit silbernen Täfelchen als Dankesgabe an Photini geschmückt.

Blöd ist, dass der Innenraum der meisten Kuppelkirchen sehr dunkel ist, weil der Blick nach oben, in die lichte Kuppel, also gen Himmel, gehen soll.

Im legendären Stadtteil Plaka, dem Kern des alten Dorfes Athen, drängen sich die Souvenirgeschäfte, Tavernen und Touristen schon am Morgen.

Auch mitten in der Stadt: einzelne Reste aus der Antike, hier die einer Stoa aus der römischen Zeit vor der Katharinen-Kirche.

Vorbei an der Kirche Agios Andreas, in der Reliquien des Bischofs Hierotheos von Athen liegen und an der Philothea Venizelou von Athen ihr Kloster gründete, komme ich zum ältesten Haus von Athen, das möglicherweise Philotheas Elternhaus war; leider ist es verschlossen; die Auflagen der Institutionen für Griechenland haben auch drastische Reduzierung der Personalkosten - und damit Öffnungszeiten - von Kultureinrichtungen zur Folge gehabt.

Die Kirche Panagia Gorgoepikoos - die Kirche der schnell erhörenden Allerheiligsten (Gottesmutter) - war von um 1205 bis 1825 die Metropolitankirche von Athen, Anthimos von Athen war hier Metropolit; heute steht sie im Schatten der großen, daneben gebauten neuen Metropolitankathedrale.

Die Metropolitankathedrale, gebaut 1842 bis 1862, zeigt wieder einmal monumentale Größe. Hier liegen die Gebeine von Gregor V. von Konstantinopel und Philothea Venizelou von Athen. Dionysios „der Areopagite” und Hierotheos von Athen sind Patrone der Stadt.

Das Ausgrabungsgelände an der Hadriansbibliothek enthält auch die Reste der von ihm nach 132 gegründeten Akademie; in Athen wurden damals Athenodorus von Neocäsarea, Basilius der Große, Gregor „Thaumaturgos” Gregor von Nazianz der Jüngere und Vigilius von Trient ausgebildet. Zudem liegt im Gelände die Ruine der Kirche Megala Panagia, die um 400 offenbar als Bischofskirche errichtet worden war; (Aelia) Eudokia, Martinian von Athen und Theodor von Canterbury sind hier zu verorten. Praktisch ist, dass man alles von außen fotografieren kann - und damit sogar die besseren Bilder erhält -, ich kann mir den Eintritt sparen wie schon beim Olympieion.

Die wieder aufgebauten Teile des Eingangsportals der Hadriansbibliothek.

Wenige Meter weiter blickt man auf den noch immer intakten Turm der Winde, der mit einer Wasseruhr die Zeit und mit einer Wetterfahne die Windrichtung auf der römischen Agora anzeigte, und dahinter auf die Akropolis.

Auch die römische Agora, auf der Aristides von Athen den Märtyrertod starb, kann man gut von außen betrachten …

… ebenso wie den darin stehenden Turm der Winde.

Am Tor für Athena Archegetis, Athene, die Anführerin, gebaut im Jahr 11 v. Chr. mit Spenden der Kaiser Julius Caesar und Augustus, versuchen afrikanische Flüchtlinge, die es bis hierher geschafft haben, etwas zu verkaufen.

Die Eirene-Kirche steht für die in Athen geborene Kaiserin Eirene; sie ist aber relativ jung, 1847 bis 1850 gebaut an der Stelle einer früheren Kirche vom Anfang des 17. Jahrhunderts; es gibt eine bessere Alternative, die Eirene-Kirche Rinaki, die ich aber am Morgen nicht gefunden hatte.

An der aus dem 10. Jahrhundert stammenden Kirche Kimisi Theotokou Mitropoleos wirkte Nektarios Kefalas von der Pentapolis als Diakon.

Ich irre umher und suche die Elisha-Kirche, an der Nikolaos Planas von Athen nach seiner Priesterweihe ab 1884 wirkte; schließlich finde ich sie doch, versteckt hinter einem Bauzaun, den die Händler der Geschäfte daneben als willkommene Ausstellungsfläche benutzen.

Die griechische Agora mit der restaurierten riesigen Stoa enthält auch die im 10. Jahrhundert gebaute Kirche Agioi Apostoli.

Im Museum der Stoa: Fragment einer Öllampe mit Petrus-Darstellung, 5. Jahrhundert (links), und einer Öllampe mit Kreuz, um 575.

Büste von Antoninus Pius, römischer Kaiser 138 bis 161

Im Stadtteil Thiseio steht die alte und (rechts) die neue Athansios-Kirche; hier wurde Michael Paknanas geboren.

Donnerstag, 30. Mai

Am zweiten Tag in der Stadt finde ich nun die richtige Eirene-Kirche (Rinaki), eine als Privatkapelle gebaute kleine Kirche, weit unter dem Straßenniveau im Häusermeer versteckt; Kaiserin Eirene wurde in Athen geboren. Und ich finde die nun auch diese mit ihren Grundmauern erhaltenen Reste der ehemaligen Ilisos-Basilika, in der Leonides von Athen bestattet worden war.

Nun will ich die Akropolis besuchen mit dem Parthenon-Tempel, in ihn wurde 529 eine der Allerheiligsten (Gottesmutter) geweihte Kirche eingebaut, die dann bis 1204 der Sitz des Bischofs war; der letzte, der hier residierte, war Michael von Chonai, bis dann die fränkischen Herrscher in Folge des 4. Kreuzzugs den Katholizismus durchsetzen wollten.
Der Andrang an der Kasse ist immens, dass es eine Möglichkeit zur vorherigen Online-Reservierung gibt, wusste ich nicht. Einlass gibt es zudem nur im Zweistuden-Intervall; das bedeutete für mich nun drei Stunden Wartezeit - nein Danke!
So schaue ich mir außerhalb des Zauns das Odeon des Herodes Atticus an, um 150 von dem wohlhabenden Athener dieses Namens gestiftet und bis heute als Theater und für Konzerte genutzt.

Vom frei zugänglichen Fels des Areopag - bekannt durch Paulus' dort gehaltene Rede, die der Überlieferung zufolge Damaris, Dionysios der Areopagite und in der Folge auch Hierotheos von Athen bekehrte, erwähnt auch in den Artikeln Paulus' 2. Missionsreise, und Basilika - ergibt sich auch ein schöner Blick auf die Akropolis mit dem Parthenon-Tempel

… und in die andere Richtung auf die (griechische) Agora mit der Stoa des Attalos (rechts) und den Tempel des Hephaistos. Als ich gestern vor ihm stand, kam ein offenbar sehr wohlhabender Chinese mit junger Frau und Privatführerin, die ihm erzählte, dass dies der einzige unversehrt erhaltene griechische Tempel sei. Der Chinese gab auf seine Frage, wer alle die Tempel zerstört habe, gleich die Antwortmöglichkeit vor: The Germans?! Die Führerin wollte dem reichen Gast natürlich nicht widersprechen und antwortet: The Germans - und meinte damit offenbar die Franken der Kreuzzüge, die aber in Wahrheit fast ausschließlich Franzosen waren -, the Turks - die in Griechenland gern für Greueltaten verantwortlich gemacht werden, in Wahrheit aber von allen Besatzern die tolerantesten waren -, and the German Nazis - die ja in Griechenland wahrhaft furchtbar gewütet haben, aber die Tempel waren da schon kaputt. Aber wir lernen: the Germans taugen noch immer weltweit als Synonym für Zerstörung, auch in China.

Freitag, 31. Mai

Nach fünf Nächten wird es Zeit, den von den Einrichtungen her wirklich guten, aber höllisch lauten Camping Athens zu verlassen. Letztes Ziel in Athen ist das Kaisariani-Kloster im Wald außerhalb der Stadt, das ich am ersten Tag versäumt hatte; Gregor V. von Konstantinopel hat hier gelernt.

Das ehemalige Kloster - heute staatliches Museum - liegt in einem wieder aufgeforsteten Wald, der nun Naturschutzgebiet ist und herrlich ruhig. Im Katholikon gibt es viele schöne Fresken aus dem 18. Jahrhundert.

In diesem im ruhigen kühlen Wald gelegenen Kloster geht also mein Athen-Aufenthalt zu Ende. 3,5 Millionen Menschen bevölkerten 2011 die Metropolregion Athen, 660.000 die Stadt selbst, hinzu kamen 2016 in der Stadt über 5 Millionen Touristen. Moderne Hochhäuser stehen neben einfallenden Altbauten, geschäftstüchtige Tavernen unweit der Schlafplätze der Obdachlosen. Eine der ältesten Siedlungen Europas, Begründerin der Demokratie, mit unvergleichlichen archäologischen Stätten gesegnet, ist auf jedenfalls sehenswert, aber keine Stadt mit besonderem Charme - die tragische Geschichte Griechenlands mit ständiger Fremdherrschaft seit der Römerzeit und Wirtschaftskrise bis heute hat auch hier das Überleben zum beherrschenden Thema gemacht und die Entwickliung einer Leichtigkeit und Lebensfreude, wie sie z. B. in Rom zu spüren ist, erschwert.

Im Kloster in Penteli bei Athen lebte für kurze Zeit Arsenios von Paros der Jüngere. Auch hier kann ich Fresken fotografieren.

Auch diesem Kloster sieht man an, dass es kriegerische Zeiten hinter sich hat.

Das nächste Kloster, in Nea Makri, das Ephraim von Nea Makri geweiht ist, hat leider eine lange Mittagspause; auch der Versuch, über einen Feldweg eine Lücke in der Mauer zu finden, durch die ich fotografieren kann, schlägt fehl.

Nun geht es wieder auf eine Insel, nach Euböa, aber die ist einfach zu erreichen über eine Brücke, der Abstand zum Festland beträgt an der engsten Stelle nur wenige Meter. In der Inselhauptstadt Chalkida suche ich die Metropolitankirche, weil sie damals von Anthimos von Athen mit verwaltet wurde. Diese, die Nikolauskirche, ist es nicht …

… und diese, Paraskeva geweiht, auch nicht. Dass dies eine der im Kern ältesten erhaltenen Kirchen Griechenlands ist, nämlich aus dem 6. Jahrhundert, sieht man nicht; dass die Venezianer sie während der Zeit ihrer Herrschaft umgebaut haben, dagegen schon.
In der Stadt spürt man die Krise, wie ich das seither noch nicht bemerkt hatte: engste Straßen, zerfallende Häuser, Ruinen von Fabriken, eine wie ich zu spüren meine gewisse Aggressivität der Leute - auch den Kirchen sieht man an, dass jeglicher Ésprit fehlt; schnell weg!

Um die Ergebnisse aus Athen zu verarbeiten, habe ich mir den Campingplatz direkt am Meer bei Eretria ausgesucht. Hier ist es tatsächlich ruhig, ja gemütlich; tagsüber beim Autofahren wäre ich fast eingeschlafen: zwar hatte ich in den Nächten auf dem Camping Athens geschlafen, aber offenbar wegen des Lärms nicht tief und erholsam. Nun aber ist das wieder möglich. Zudem: sehr gute Internet-Verbindung und jeden Abend stimmungsvolles Rot über dem Meer - gegenüber das nahe Festland. Und seit 14 Tagen ist ja auch das Wetter sommerlich - die Tage, die ich in Athen in der Stadt zugebracht habe, waren die bislang mit Abstand heißesten, ich habe einen leichten Sonnenbrand - clever gemacht!.

Samstag, 1. Juni bis Dienstag, 4. Juni

Am Sonntag passiert, was sich angedeutet hatte: Andrea Nahles schmeißt hin, Konfusion in der SPD - der freie Fall wird sich fortsetzen, denn es gibt ja keine bessere Alternative, solange die SPD nicht bereit ist, ihre Politik grundlegend zu ändern und sich an ihre Aufgabe zu besinnen, Poltik für die Mehrheit der Menschen zu machen. Der CDU geht es nicht viel besser, man tagt in Klausur, hat aber offenbar auch keine Ideen außer Publikumsbeschimpfung und Einschränkung von Meinungsfreiheit. Gut Lachen haben die Grünen, sie können absahnen, denn sie müssen ja nichts liefern - das wird sich ändern. Der Neoliberalismus ist am Ende, aber keiner wagt, Konsequenzen zu ziehen - nicht in Deutschland, nicht in Frankreich, wo Marine le Pen die Wahl gewann, nicht in Österreich, wo Kurz' charakterloser Triumph kurz blieb, nicht in den USA, wo sich der bankrotte Geschäftsmann Trump im poltischen Erfolg suhlen kann.
Kann mir jemand erklären, warum ARD-Brennpunkt und ZDF-Speziual geogeblockt werden? Und warum die Mediatheken der öffentliche-rechtlichen Sender ständig komplett abbrechen, wenn die Leitungsqualität nicht hervorragend ist? Weil das alles für Deutschland noch immer Neuland ist und wir die Ami-Firmen lieber mit DSGVO und Artikel 13 in Schach halten, statt uns technolgisch anzustrengen? Und warum es die - streng konservative - Neue Zürcher Zeitung braucht, um den AfD-Erfolg in Ostdeutschland richtig zu deuten, nämlich als Ergebnis der feindlichen, neokapitalistischen Übernahme der DDR.

Tracks
Eretria

Logbuch Reiselogbuch-2019-1-8

geschrieben am 30. Mai, 1., 2. und 3. Juni 2019



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