Welt bereisen Das Reiseblog des Ökumenischen Heiligenlexikons

Behördenfrust

   J. Schäfer          

Donnerstag 2. Juli, bis Mittwoch, 8. Juli

Den Donnerstag verbringe ich auf dem Campingplatz, am Freitag geht es mit Mohammed, dem leitenden Mitarbeiter in der Textilfirma von Matthias, zum Zoll, um das Triptique - die Genehmigung für das Auto in Tunesien - zu verlängern. Mohammed redet mit dem Behördenchef: eine Verlängerung ist nicht möglich, ich brauche eine tunesische Sonderzulassung. Dazu: anstehen am Schalter - nebenan beim Finanzamt eine Gebührenmarke kaufen - mit dem Zoll-Formular zum Finanzamt - dort will man Kopien meiner Papiere - also zum Kopierladen - zurück: sie brauchen eine Übersetzung meines Fahrzeugscheines von einem amtlichen Übersetzungsbüro - also dorthin gefahren, kostet 10 €. Dann ist es nach 12 Uhr, um 13 Uhr machen freitags (Moscheetag) die Ämter zu, mehr ist also heute nicht zu erreichen.


Am Samstag holt Mohammed mich ab zur Besichtigung von Matthias' Firma, der mir stolz alle Räume zeigt; dort werden Hosen für den deutschen Markt genäht - momentan in Kurzarbeit, weil es nicht viele Aufträe gibt - in Deutschland werden kaum Kleidungsstücke gekauft. Ich erfahre außerdem Details aus der Kontrolle, die in den beiden vergangenen Tagen stattgefunden hat: die deutschen Abnehmer beauftragen diese, um ordentliche Arbeitsbedingungen zu gewährleisten; kontrolliert werden Sicherheitsaspekte wie Fluchtwege, die Einhaltung der gesetzlichen Bezahlungsnormen, in Einzelgesprächen die Zufriedenheit der Mitarbeiterinnen; insgesamt nach meinem Eindruck doch recht gründlich und umfassend. Abends kommen zwei Jungs aus der siebenköpfigen Gruppe aus Aalen, die damals ihr umgenbautes Feuerwehrauto und einen Jeep hier abgestellt haben, um am ersten Rettungsflug teilzunehmen. Schön, vertrautes Schwäbisch zu hören! Der Sonntag geht dahin mit wenig Arbeit am Heiligenlexikon und viel feucht-fröhlichem Beisammensein unter Schwaben.

Montags kommt Mohammed schon vor der vereinbarten Zeit, die KfZ-Schein-Übersetzung hat er schon abgeholt. Also wieder Zoll, dann Finanzamt - aber die können nichts machen, seit 9 Uhr streikt der Zoll und deshalb hat der Computer keine Verbindung. Das Selfie macht Mohammed zur Erinnerung. Ich mag nicht mehr: wir gehen zur Versicherung, vielleicht bekommt man die auch ohne Triptique - nein! Klappe zu, Affe tot, erledigt nichts. Grund genug, den Abend erst mit Matthias, dann mit den Schwabenjungs wieder feucht ausklingen zu lassen.
Angekommen sind am Abend drei Fahrzeuge aus einer anderen Wüstenfahrer-Truppe, die ihr LKWs vier Monate in einer privaten Halle abgestellt hatten - für sagenhafte 300 € pro LKW und Monat!

Dienstags kommt Mohammed schon vor 8 Uhr zum erneuten Behördengang. Tatsächlich: auf dem Finanzamt klappt alles. Ich werde eine ¼ Jahr lang gültige tunesische Sonderzulassung bekommen und bezahle die anfallende KfZ-Steuer von 153 Dinar, rund 50 €. Beim Zoll können wir die Papiere abgeben, aber um 9 Uhr wird der Schalter geschlossen: der Streik! Der funktioniert so: gearbeitet wird von 8.30 Uhr bis 9 Uhr, dann ist Streik bis 13 Uhr, dann wieder ½ Stunde Arbeit, der Rest wird wieder gestreikt. Mohammed verhandelt mit dem Chef: weil wir die Papiere noch in der Arbeitszeit abgegeben haben, bekommen wir den tunesischen Kfz-Schein nun trotz Streik ausgefertigt. Jetzt noch gegenüber im Laden die Autoschilder fertigen lassen - 25 € für die beiden schönen Stücke, dann zur Versicherung - die nun mit tunesischer Zulassung nur noch 195 Dinar für ¼ Jahr kostet statt mit deutschem Kennzeichen 420 Dinar für einen Monat.
Mittags gehen die Schwabenjungs - sie haben kein Triptique, aber im Unterschied zur meinigen gilt ihre deutsche Versicherung hier; abends melden sie sich vom Schiff: die Ausreise ohne Tritique ist kein Problem, man muss die überschrittene Zeit nur nachzahlen, in ihrem Fall pro Fahrzeug etwa 400 Dinar für etwa 5 Wochen. Kurz darauf kommen wie angekündigt Gabi und Ralf, die ihren LKW holen wollen.

Am Mittwoch kann ich endlich zur Tankstelle fahren, meine verdreckte Kiste putzen lassen. Für 15 Dinar - 5 € - glänzt sie danach fast wie neu und mit tunesischem Nummerschild.
Die Internetrecherche bestätigt: am Samstag abend wird meine Fähre nach Civitavecchia losfahren.

geschrieben am 7. und 8. Juli 2020



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