Welt bereisen Das Reiseblog des Ökumenischen Heiligenlexikons

Wintereinbruch

   J. Schäfer          

Samstag, 5. Juli

Nach der Kathedrale in Gap geht die Fahrt in die einsame Bergwelt hinter dem kleinen Dorf Rabou. Dort oben, unterhalb der Geröllfelder, lebte die Fürstentochter Roselina von Celle-Roubaud, die mir schon in ihrem Schloss begegnet war, im Kartäuserinnenkloster.


Ebenfalls hoch in den Bergen, aber durch eine breiete Straße erschlossen, um die Pilger vor Ort zu bringen: das Sanktuarium der Die Marienerscheinung von La Salette, auch mit einer Quelle wie in Lourdes und sicher mit allerbestem Bergquell-Wasser - aber doch deutlich weniger Nachfrage.

Die legendarische Philomena von Rom habe die Wallfahrt hierher gefördert, deshalb ist sie mit dieser Statue gewürdigt. Insgesamt ist der Ort natürlich unendlich viel schöner als Lourdes; nervig sind aber die aufdringlichen Mitarbeiter: schon am Parkplatz empfängt mich ein Mann freundlich - ich finde: nervend; in der Kirche fragt die Mesnerin nach meinem Befinden - danke, genervt - und im Museum weicht die Wärterin nicht von meiner Seite, erklärt wortreich jeden der Gegenstände, die mäßig interessant sind - z. B. die Maurerkelle von der Grundsteinlegung des Sanktuariums -, nachdem ich unvorsichtigerweise nicht verneint habe, Französisch zu verstehen. Ich verstehe auch das meiste, nur interessiert mich wenig davon. Da ist der Geist in Lourdes ein anderer: dort fühlte ich mich wirklich wohl, ja beschwingt wie beim Kirchentag.

Großartige Bergwelt;aber das Wetter könnte besser sein, wo doch heute erster Ferientag ist - und das merkt man: plötzlich sind die Straßen voll - auch viele Ausländer, wobei das hier ja keine ausgesprochene Touristenregion ist -, viele im urlaubsmäßigen Schongang; das Autofahren wird zur Geduldsprobe.

Ein Blick zurück auf das Sanktuarium auf 1800 Metern Höhe.

Herden gibt's hier noch immer.

In La Mure-d'Isère sehe ich das Grab des heiligen Petrus Julian Eymard (links, daneben seine Schwester und seine Adoptivschwester).

Die französischen Alpen sind ein Naturerlebnis.

Nach einer der Fahrt durch die herrliche Bergwelt auf kleinen Nebenstraßen erreiche ich das Ziel für heute, die Stadt Die. Und was ist im Zentrum? Sommerfest. In den kleinsten wie den großen Orten sind jetzt die Feste und Märkte oder jedenfalls Plakate, die das baldige Ereignis ankündigen.

Nach dem Besuch der Kathedrale meldet mein Foto, dass die Batterie zur Neige geht - also muss ich auf einen Campingplatz, denn das Nachladen des Fotos ist das einzige, wofür ich richtigen Strom brauche. Auch der Platz ist gut gefüllt mit Urlaubern; es ist schon verrückt, wie von einem Tag auf den anderen die Saison beginnt.
Am Abend ist Fußball: Niederlande gegen Costa Rica. Der Campingplatz ist nicht sehr groß, aber es sind über 100 Holländer, die ab 22 Uhr - fast alle in oranje - vor dem Fernseher sitzen - der ist extra auf holländischen Kommentar eingestellt. Sie zittern, sie bangen; der Kommentator (soviel holländisch kann man verstehen) ist - wie soll ich sagen? - sehr engagiert in der Unterstützung seiner Mannschaft - kein Vergleich zur französischen Gelassenheit und Objektivität. Als es beim Elfmeterschießen endlich für Holland klappt, sind nach kurzen Jubel alle zufrieden und erschöpft.

Sonntag, 6. Juli

Am nächsten Morgen geht es wieder in ein einsames Bergtal, zum ehemaligen Kloster Valcroissant, das Hugo von Bonnevaux gegründet hatte und das inzwischen Landwirtschaftsgut ist, betrieben vom Sohn eines französischen Philosophen, der sich in den 1950-er Jahren hierher zurückgezogen hatte. Er erlaubt mir, die Gebäude anzuschauen.

Von dort geht die Fahrt - wieder quer zu den Hauptstraßen - auf schmalen Straßen durch die Berge - einsame Gegenden, dennoch wohnen immer wieder Menschen hier - und andere Lebewesen.

Auch mein nächstes Ziel ist ein Kloster: Léoncel bei Valence, dort war Hugo Abt.

Herrschatlich: das alte Wappen des Klosters.

Nach dem Ausflug in die Alpen nähere ich mich wieder - weiter nördlich - dem Rhônetal. Hier in St-Nazaire-en-Royans überquert eine stolze Eisenbahnbrücke einen aufgestauten Nebenfluss der Isère, der sich als Erholungsgebiet weitet.

An der Stiftskirche in Romans-sur-Isère, die auf Barnard von Vienne zurückgeht, gibt es wieder ein schönes Portal - und was noch? am Sonntag? Einen großen Markt natürlich.

Dies aber ist nicht der Markt in Romans, sondern der in Valence ...

... wo mich wieder die Kathedrale interessiert.

Valence hatte für mich früher bei der Fahrt nach Südfrankreich den Beiklang jetzt beginnt der Süden; gesehen hatte ich die Stadt noch nicht - muss man auch nicht unbedingt gesehen haben, abgesehen von einigen schönen Gründerzeit-Häusern hat mich nichts begeistert. Aber auch die kann man als Bank verschandeln ...

Nahe Vernoux-en-Vivarais in den Bergen des Départements Ardèche, wo der gefangen genommene Protestant Matthias Desubas bei einem blutigst niedergeschlagenen Volksaufstand befreit werden sollte, stehen die Reste dieses doch in die Jahre gekommenen Châteauneuf.

Montag, 7. Juli

In Tournon-sur-Rhône gab es ein großes, 1536 gegründetes Jesuitenkolleg; das ist Vergangenheit; Gegenwart ist: schlechtes Wetter.

Denkmal für den Gründer, Kardinal François von Tournon.

In Châteauneuf-de-Galaure wurde am Geburtshaus von Marthe Robin schon ein beachtliches Wallfahrtszentrum errichtet, obwohl Marthe noch nicht seliggesprochen ist.

Der Brunnen ist dort allerdings nicht heilkräftig, sondern im Gegenteil (mit) Ursache von Marthes Erkrankung.

In Albon, dem früheren Epaone, Ort einer SynodeSynode (altgriech. für Zusammenkunft) bezeichnet eine Versammlung in kirchlichen Angelegenheiten. In der alten Kirche wurden "Konzil" und "Synode" synonym gebraucht. In der römisch-katholischen Kirche sind Synoden Bischofsversammlungen zu bestimmten Themen, aber mit geringerem Rang als Konzile. In evangelischen Kirchen werden nur die altkirchlichen Versammlungen als Konzile, die neuzeitlichen Versammlungen als Synode bezeichnet., gibt es Ausgrabungen eines im 9. Jahrhundert entstandenen Schlosses mit erhaltenem Turm. Ich besteige den Hügel im Regen und fotografiere mit Schirm.

Dienstag, 8. Juli

Ich finde einmal wieder nicht, was ich suche - vom Kloster in Chuzelles bei Vienne blieb nur ein Straßenname in enem Neubaugebiet - dafür finde ich, was ich nicht suchte: ein kleines Marienheiligtum, Notre Dame de Limon und damit den richtigen Todesort von Maximus von Vienne.

Schließlich bin ich in Vienne, wo die Kathedrale wieder fast zu groß ist, um sie zu fotografieren.
Vienne ist die Partnerstadt meiner Heimatstadt Esslingen, aber ich war noch nie hier, bin also besonders gespannt auf die Stadt.

Vienne war auf jeden Fall - zusammen mit Lyon - eine der ersten christlichen Städte in Gallien; erhalten ist ein Brief aus dem Jahr 177, in dem Christen aus den beiden Städten den Märtyrertod ihrer Glaubenszeugen - an deren Spitze Photinus - beklagen.

Auch die Fassade der Kathedrale beeindruckt.

Die Kirche St-André-le-Bas geht auf das 6. Jahrhundert zurück und war damals Nonnenkloster. Im 8. Jahrhundert zerstörten es die Sarazenen, im 9. Jahrhundert wurde das Kloster von Benediktinern wieder errichtet, dann war es Tagungsort der Konsuln, Finanzplatz der großen Judengemeinde der Stadt bis zu deren Vertreibung 1452 und zugleich Asylort, Mönchskloster bis zum Verfall des monastischen Lebens noch vor der Französischen Revolution, im vorletzten Jahrhundert vom Einsturz bedroht, heute Museum für die städtebauliche Entwicklung.

Abgesehen von den reichlichen Zeugnissen der Geschichte beeindruckt mich die Stadt nicht.

Der Tempel des Augustus und der Kybele, bestens restauriert, sei der Ort gewesen, wo der nach Vienne verbannte Pontius Pilatus zum Tod verurteilt wurde.

Auf dem Hausberg der Stadt thront Notre-Dame de Pipet über der Altstadt.

Mitten in der Stadt gibt es Ausgrabungen eines Stadtviertels aus gallisch-römischer Zeit. Vom Amphitheater sehe ich praktisch nichts, weil es mit den Aufbauten des darin gerade stattfindenden jährlichen Jazzfestivals bedeckt ist.

Es gibt auch eine - für hiesige Verhältnisse stattliche - reformierte Kirche.

Auch stattlich: das Rathaus ...

... und ebenso die Stadthalle

Das große Ausgrabungszentrum und gallo-römische Museum liegt jenseits der Rhône, gehört eigentlich nicht mehr zu Vienne, sondern zu St-Romain-en-Gal. Es zeigt v. a. viele wirklich beachtliche Mosaiken, hier Hylas und die Nymphen.

Ein Modell zeigt, wie sich die römische Stadt an beiden Ufern der Rhône erstreckte: hinten das heutige Vienne, vorne St-Romain-en-Gal.

Die damaligen Hafenhallen und hinten ein nachgebautes Rhôneschiff aus der Römerzeit.

Das Museum ist wirklich gut gemacht und birgt einige Schätze; die großflächigen Ausgrabungen dagegen bieten nichts spektakuläres.

Die Fotos zeigen: das Wetter wird immer schlechter, es riecht nach Regen ...

... dagegen hilft auch die prächtige Latrine nichts.

Mein nächstes Ziel ist die einst mächtige Zisterzienser-Abtei Bonnevaux; sie zu finden ist Detektivarbeit, denn ich weiß das Dorf, wo ich suchen muss, aber französische Dörfer in der Provinz erstrecken sich über riesige Flächen mit vielen Wohnplätzen. Nach langen Suchen finde ich: ein Gedenkkreuz und das frühere Wirtschaftsgebäude, heute ein Bauernhof.

Nur die große Kirche blieb vom Kloster in St-Chef, leider heute den ganzen Tag geschlossen. Noch ist das wetter so, dass immer wieder die Sonne hervorkommt - mit Geduld gelingen sonnige Bilder.

Am Abend fahre ich deshalb wieder Richtung Valence, ist es vielleicht nicht ganz so kalt, und gehe auf einen Campingplatz in St-Romans, denn um 22 Uhr muss ich Fußball schauen. Zusammen mit französischen Kindern des Zeltlagers, das hier stattfindet, einigen jungen Franzosen und einer Handvoll Deutscher sehe ich den deutschen Sensationssieg; die Brasilianer tun mir leid.

Mittwoch, 9. Juli - Donnerstag, 10. Juli

Das Wetter wird immer schlechter, seit gestern Abend regnet es, Petrus weint über die brasilianische Niederlage. Mittwochabend sehe ich das andere Halbfinale, diesmal außer den Kindern und Franzosen mit einigen Holländern - nicht in oranje, wer hat schon einen solchen Pullover im Gepäck, wenn er nach Südfrankreich reist? Deren Stimmung nach dem äußerst glücklichen Sieg der Argentinier entspricht dem Wetter.
Der Donnerstag wird noch schlimmer: am Mittag 16° im Auto, ich sitze hier zum ersten Mal bei dieser Reise nicht nur im Pullover, sondern zusätzlich im Anorak, geschlafen habe ich mit der Winter-Zusatzdecke; die Frage ist nicht, ob es regnet, sondern nur, wie stark, jeder Gang über den Platz wird zum Slalomlauf zwischen den Pfützen. Zwar entspricht das Wetter der Vorhersage, aber für die Urlauber, die nur ein paar Tage haben, ist es eine Katastrophe.
Dabei wäre das hier ein kleines Paradies: ein kleiner See mit (künstlichem, aber schönem) Sandstrand, Möglichkeit zum Kanu Fahren und Fischen, eine Anlage mit vielen Spielmöglichkeiten für Kinder, Tennisplätzen, der Campingplatz im schattigen Wäldchen, dazu äußerst preiswert.

Die Tracks:
Die
6. Juli 2014 und Valence
Vienne
Chatte

geschrieben am 7., 9. und 10. Juli 2014



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