Mittwoch, 7. Juni
Am Mittwoch will ich endlich in den Norden der Stadt, denn dort habe ich im Internet den römischen Händler meiner
Dachträger-Firma gefunden - vielleicht hat ja der das Ersatzteil, nachdem es im
Viertel für Autoteile-Handel in Trastevere nicht
geklappt hat und dann werde ich mit dem Auto liegen Gebliebenes aufarbeiten. Unterwegs geht es wieder einmal vorbei an der
Engelsburg
und im dichten Morgen-Verkehr
mühsam voran. Am Standort des Händlers angekommen stellt sich heraus, dass es die Firma nicht mehr gibt. So bleibt mir nur die
provisorische Reparatur und eine letzte Hoffnung auf die Firma selbst, die nahe
Mailand ist.
Schnell finde ich dann aber die Katakomben des
Hippolyt, in denen Hippolyt von Rom
bestattet war.
Da man im Auto mehr steht als fährt, kann man auch fotografieren: hier das Kloster an
S. Agnese fuori le mura - deulich wird, warum es
ein complesso monumentale
ist. Und um die Ecke ist mein Parkplatz direkt vor dem Ziel, der
Große Katakombe, in der
Emerentiana sowie
Papias und Maurus bestattet waren.
Auch die Katakomben des Prätestatus habe ich
gefunden - jedenfalls beim Fotografieren über das undurchschaubare Gartentor - glücklicherweise hat der Mensch noch Arme -
den Garten, in dem sie liegen. Papst Johannes III.
lebte in ihnen im Exil
, Quirinus
von Rom, Tiburtius von Rom und
Valerianus waren hier bestattet, nicht aber
Urban I. und auch nicht der
Leichnam der Cäcilia.
Nicht zugänglich ist auch das Priscilla-Grab an der Via Appia; es hat aber auch nichts zu tun mit den Heiligen Prisca (Priscilla), Prisca (Priscilla) oder Priscilla, sondern war das Grab der Frau von Titus Flavius Abascantus, einem Günstling des 96 gestorbenen Kaisers Domitian.
Auch von den Katakomben der Tecla gibt es kein Bild, auch nicht wenigstens vom Eingang, sondern nur vom darüber gebauten Geschäftshaus der Generali-Versicherung; hier wurde 2009 die älteste bekannte Darstellung des Paulus aus der 2. Hälfte des 3. Jahrhunderts entdeckt.
Weil ich vorbeifahre erinnere ich mich, dass ich auch Katakomben an der Villa Doria Pamphili gesucht habe. Also mache ich mich noch einmal auf den Weg, gehe durch den großen, teilweise bewaldeten Park, finde dieses Tempelchen …
… und dann die Villa Doria Pamphili,
gebaut 1644 bis 1652 für Fürst Camillo Pamphilj, einen Verwandten von Papst Innozenz' X., heute in Staatsbesitz und für
normale Leute unzugänglich, denn hier werden Staatsgäste empfangen. Aber wenn ich dann Bundeskanzler bin …
Die Katakome ist an einer anderen Stelle des Parkes, aber es war ein schöner Spaziergang, trotz Hitze …
Donnerstag, 8. Juni, bis Freitag, 9. Juni
Ich wurde anlässlich meiner Schilderung der Pfingstmesse
auf dem Petersplatz gefragt, ob ich bei diesen
Menschenmassen denn keine Angst vor einem Terroranschlag habe. Angst ganz sicher nicht, aber auch kaum Furcht: In den
vergangenen 10 Jahren gab es in der EU 355 Todesopfer bei islamistisch-terroristischen Anschlägen 1
- also rund 35 pro Jahr in der gesamten EU. Allein in Deutschland sterben aber pro Jahr rund 3500 Menschen im Straßenverkehr
(genau: 38.224 in den vergangenen 10 Jahren, Tendenz abnehemend 2);
die Zahlen für die EU sind etwa um den Faktor 8 höher, ergäbe 305.792. Das heißt: die Gefahr, dass ich bei einem Autounfall
sterbe ist 861,4 Mal höher als die, bei einem Terroranschlag zu sterben. Dennoch nehme ich am Verkehr teil - recht intensiv
sogar - und habe auch dabei keine Angst, sondern den gehörigen Respekt, der mich zu Sorgfalt und Aufmerksamkeit anleitet.
Übrigens: Sascha Lobo hat jünst im SPIEGEL nachgewiesen, dass bei den seit 2014 in der EU verübten islamistischen
Mordanschlägen die 24 identifizierten Täter alle, ja wirklich: 100 Prozent der Attentäter
zuvor den Behörden
bekannt und gewaltaffin waren. Und er stellt fest: Es fragt sich, welche Warnzeichen in welcher Zahl eigentlich notwendig
sind, um wirksame Aktivitäten der Behörden zu veranlassen.
Und: Warum sprechen wir eigentlich immer von Terror
? Wie wäre es mit asymmetrischer Kriegsführung? Von Sir Peter
Ustinov stammt der Ausspruch: Terrorismus ist der Krieg der Armen und der Krieg ist der Terrorismus der Reichen. Beide
sind gleichermaßen unmoralisch
. Wir vergessen nur allzu gerne, dass wir seit 2001 ununterbrochen Krieg führen. Laut
Schätzungen der Vereinigung ippnw, der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges
, hat der Krieg gegen
den Terror
im Irak und in Afghanistan, in Libyen und Mali, in Syrien und Somalia und anderswo in den vergangenen zehn Jahren
weit über 1 Million
Opfer gekostet - die wenigsten davon waren Zivilisten in den kriegführenden westlichen Ländern.
Obwohl ich also einer Kriegspartei angehöre, ist mein Risko dabei minimal.
Der Westen der Altstadt steht heute auf dem Programm, beginnend an der Piazza di Spagna mit der Säule, die 1856 aufgerichtet wurde im Auftrag von Papst Pius IX. nach der Verkündigung des Dogmas von der Unbefleckten Empfängnis der Jungfrau und Gottesmutter Maria.
An deren Fuß sind vier Propheten dargestellt: Mose …
… David …
… Jesaja …
… und Ezechiel.
Die berühmte Spanische Treppe
- eigentlich:
Aufgang zur Kirche Trinità dei Monti
- ist
am Morgen noch nicht völlig von Touristen überlaufen.
Den Brunnen am Fuß der Treppe schiuf 1627 bis 16299 Pietro Bernini, der Vater des großen Lorenzo Bernini.
In der auf den Platz führenden Straße Via dei Condotti ist der
Regierungssitz
des
Malteserordens. Der Eingang macht den Anspruch deutlich:
Wir sind ein selbständiger Staat
aus alter Tradition - auch wenn das Staatsgebiet heute auf dieses Haus beschränkt ist.
In der Via dei Condotti ist nicht nur Prada, sondern sind auch alle anderen Edelmarken vertreten. Abends in der U-Bahn steht
neben mir eine Gruppe englischer Schülerinnen, an deren Kleidung und Sprache zu spüren ist, dass sie aus besseren Kreisen
stammen; auch an der wirklich zu sehenden Hochnäsigkeit ist das zu erkennen; und tatsächlich bemerke ich etwas später, dass
eines der Mädchen eine Louis-Vitton-Tragetasche in der Hand hat; Bildungsreise zum Luxus-Einkauf - am nächsten Morgen hat
Theresa May die Wahl verloren, die Briten haben genug von dieser Klassengesellschaft.
Im Palazzo di Propaganda Fide, dem früheren
Jesuitenkolleg, wurden
Aloisius von Gonzaga,
Eleutherius du Pont,
Johannes Berchmans,
Rudolf Aquaviva ausgebildet; in dessen Kapelle
liegen Reliquien von
Hyazinthus; Papst
Johannes XXIII. war beteiligt an der Gründung des
Päpstlichen Werkes der Glaubensverbreitung, das heute hier untergebracht ist und in dem die von
Pauline Marie Jaricot gegründete
Gemeinschaft aufging.
Daneben treffe ich ungeplant auf die Kirche S.
Andrea delle Fratte und stelle fest, dass hier eine der
Marienerscheinungen stattfand.
Den Hochaltar schmückt das Bild von Franz von Paola.
Die Kirche S. Isidoro, in deren Kloster früher viele europäische Künstler wohnten, ist heute irisches Kolleg und leider verschlossen - der baumgesäumte Zugang lässt Idylle erahnen.
Im Kloster an der Kirche S. Maria della Concezione lebten Crispinus von Viterbo und Georg von Pfronten-Kreuzegg, Felix von Cantalice ist hier bestattet.
Vom Museum der Kirche aus sieht man den Hof des Klosters, der zur Zeit von Georg von Pfronten-Kreuzegg allerdings noch ganz anders aussah - die Gebäude an der Kirche stammen aus der Neuzeit.
An fast jedem Kapuzinerkloster gibt es die Gruft, die gegen Gebühr besucht werden kann. Bisher habe ich mir das makabere Vergnügen an anderen Orten erspart, diesmal gehört sie zum Museum, das ich auf der - vergeblichen - Suche nach Spuren von Georg von Pfronten-Kreuzegg besuchte. Fotografieren ist strengstens verboten - es ist den Kapuzinern wohl selbst peinlich, wie spielerisch hier mit Leichnamen umgegangen wurde - aber sie brauchen halt das Geld, und die Touristen kommen gerne.
Auf der nahen Piazza Barberini steht der
Triton-Brunnen, 1632 bis 1637 von Bernini
geschaffen. Vier Delphine tragen den griechischen Meeresgott Triton.
Es ist erstaunlich, wie viele sprudelnde Brunnen es in Rom gibt - nicht nur die großen Kunstwerke, sondern auch sehr
viele kleine plätschernde am Straßenrand zur Erfrischung, fast alle mit Trinkwasser - man muss nicht die Softdrinks an den
Ständen kaufen. Schon in altrömischer Zeit wurde mit Aquädukten von weit her genügend Wasser in die Stadt geführt, das
funktioniert bis heute, trotz des unverkennbaren Klimawandels: den letzten Regen habe ich auf
Sizilien erlebt.
Die ursprünglich vom römischen Bischof Gaius an der Stelle, wo Susannas Haus stand, erbaute Kirche S. Susanna ist leider wegen Renovierung geschlossen. Leo III. war hier Kardinal.
Gegenüber steht die Bernhard von Clairvaux geweihte Kirche S. Bernardo alle Terme, deren Rundbau ursprünglich die Nordwestecke der riesigen Thermen des Diokletian war und wo Ballspiele gepflegt wurden. Papst Pius X. war hier zuvor Kardinal.
Am selben Platz: der Brunnen dell'Arco Felice, gebaut 1585 bis 1587 im Auftrag von Papst Sixtus V. und deshalb nach seinem bürgerlichen Vornamen benannt. Das Wasser kommt bis heute über einen Aquädukt aus den Albaner Bergen.
In der Kirche S. Maria della Vittoria findet sich die berühmte und umstrittene - ob ihrer wohl auch weltliche Freuden ausdrückende - von Bernini geschaffenen Figur der Transverberation, der Durchbohrung des Herzens, von Theresa von Ávila. Nur wegen des Stichwortes wird hier Victoria von Rom verehrt.
Ein großer Bau ist das berühmte Collegium Germanicum; dort studierten Johann Maier und Zoltán Lajos Meszlényi.
An der Stelle der ehemaligen Kirche S. Caio, die an der Stelle des Wohnhauses des römischen Bischofs Gaius stand, wurde 1885 das neue Kriegsministerium gebaut; heute ist darin diese evangelisch-methodistische Kirche.
Gegenüber, frisch renoviert und deshalb ins Auge fallend: ein Anwesen der Carabinieri.
Nochmals ein Blick auf die Piazza San Bernardo mit den Kirchen S. Susanna (links), S. Maria della Vittoria (Mitte) und dem Brunnen dell'Arco Felice (rechts), der schön verdeutlicht, wie sehr die Kirchenfassaden fast alle Scheinarchitektur sind.
An der Fontana dell'Arco Felice speiht ein Löwe das Wasser, geziert von Hieroglyphen; die Römer liebten es schon im Kaiserreich ägyptisch.
Zum riesigen Komplex der früheren Thermen des Diokletian gehörte die Aula ottogona, bis vor einigen Jahren Planetarium, heute Ort wechselnder Ausstellungen.
Davor: das Schiff, das die Stadt Paris 1961 Rom als Zeichen der Städtpartnerschaft schenkte; das Schiff gehört zum Wappen von Paris.
Von der im Artikel Engel beschriebenen Darstellung der sieben Enegl neben Maria ist in der Kirche S. Maria degli Angeli e dei Martiri, die in Reste der Thermen des Diokletian eingebaut wurde, nicht mehr viel zu erkennen - auch weil das Presbyterium der riesigen Kirche, der zweitgrößten Roms nach dem Petersdom, völlig abgesperrt ist -; ähnlich war das schon in Palermo - eine subtile theologische Distanzierung.
Im Innenhof des Klosters steht diese Statue von Galileo Galilei, gefertigt von einem chinesischen Physiker und 1957 Nobelpreis-Gewinner; auch Galileis Rehabilitation 1992 durch Papst Johannes Paul II. bedeutete einen Bruch mit alten Lehren - sie bewegt sich also doch, diese traditionsbehaftete katholische Kirche.
Bruno der Kartäuser wird in dieser von
Kartäusern verwalteten Kirche verehrt,
Nikolaus von Albergati war hier Kardinal.
Gestiftet habe diese Kirche, die zuvor Cyriacus geweiht
war und in der angeblich auch Saturninus und
Sisinnius verehrt wurden, Susanna.
Im Vorraum steht diese moderne Statue des Engels des Lichtes
von Ernesto Lamagna. Der Hinweis auf den Spender
- Swarowski - wurde übersprüht.
Vom gewaltigen Komplex der Thermen des Diokletian sind viele Reste erhalten, darin ist auch ein Museum mit Funden aus der Kaiserzeit.
Weit unter dem heutigen Straßenniveau liegt die Kirche S. Vitale, benannt nach Vitalis.
Daneben steht der Palazzo delle Esposizioni, 1880 bis 1883 im gerade vereinigten Italien gebaut.
In der Kirche S. Lorenzo in Panisperna wurde Birgitta von Schweden zunächst bestattet, dort liegen auch Reliquien von Crispinus und Crispinianus.
Die Kirche steht hoch am Berg hinter einer Mauer und Treppe.
Eine Wucht: die Südwestfasssade der Kirche S. Maria
Maggiore, der größten Maria geweihten Kirche der Welt,
einer der vier Patriarchalkirchen Roms, aus dem 17. Jahrhundert. Die Kirche selbst geht zurück auf einen 432 geweihten Kirchbau,
der aufgrund des Schneewunders
errichtet wurde und einen eigenen
Gedenktag hat. Der Obelisk stammt aus dem
Mausoleum von Kaiser Augustus, ursprünglich stand
er in Ägypten.
Auf der gegenüberliegenden Seite mit der Hauptfassade und dem Eingang steht auf dem Platz davor die
Marienstatue auf einer Marmorsäule, die ursprünglich an der
Basilika des Maxentius stand.
Der römische Bischof Liberius ließ den
Ursprungsbau von S. Maria Maggiore errichten,
in dem sein Nachfolger Damasus I. sich heftigen, auch
blutigen Auseinandersetzungen stellen musste; Sixtus
III. war Bauherr der Nachfolgekirche. Hier liegen die Gebeine
von Hieronymus und Reliquien von
Matthias sowie angebliche Bretter der Krippe
Jesu aus
Betlehem; an ihnen feierte
Ignatius von Loyola seine Primiz,
Kajetan von Thiene erlebte hier in einer Vision
das Wunder der jungfräulichen Geburt. Die Kirche ist eine der vier
Patriarchalbasiliken und exterritoriales, zum,
Vatikan gehörendes Gebiet.
Auch Papst Clemens IX. ist hier bestattet. Herrschaftlich.
Das Grab von Papst Paul V.
In der Paul V. geweihten Kapelle steht im Mittelpunkt des Altars das Gnadenbild
Maria Salus Populi Romano
, Maria, das Heil
der Bevölkerung Roms
, das am meisten verehrte Marienbild der Stadt, das
Lukas selbst gemalt habe; tatsächlich stammt es wohl aus
dem 8. bis 11. Jahrhundert und aus Byzanz.
Unter dem Hochaltar steht das Reliquiar mit den Brettern der Krippe Jesu, davor eine Statue des betenden Papstes Pius IX..
Die Cappella Sistina mit dem Sarkophag von Papst Pius V.; auch Papst Sixtus V. liegt in dieser Kapelle, die seinen Namen trägt.
In der Vorhalle, nach einem Entwurf von Bernini gestaltet: Denkmal für König Philipp IV. von Spanien, 1665 - kirchliche und
weltlich Macht in trauter Eintracht. Das Gold für die Decke von
S. Maria Maggiore wurde aus einer der ersten
Raubgold-Lieferungen aus den neuen lateinamerikanischen Gebieten gewonnen. Nicht nur deshalb: S. Maria Maggiore
ist tatsächlich größer
als andere - aber für mich zwar riesig, aber seelenlos.
Da mag ich die kleinen, alten Kirchen sehr viel mehr, hier spüre ich Tradition und den Geist echter Frömmigkeit; die unweit
wieder tief unter dem Straßenniveau liegende S.
Pudenziana ist solch eine Kirche. Angeblich schon von
Pudens gebaut und seiner Tochter
Pudentiana geweiht, schreibt ältere Überlieferung sie
dem römischen Bischof Pius I. zu, neuere Forschung aber
erst Siricius.
In ihr findet sich diese Statue der Begegnung von Petrus
mit Jesus.
eine Paulus-Statue
Wo man geht und steht: weltliche und kirchliche Insignien auf Schritt und Tritt, hier vom Platz vor dem Hauptbahnhof aus der Kirchturm von Sacro Cuore di Gesù.
1 https://de.statista.com/statistik/daten/studie/37787/umfrage/tote-bei-ausgewaehlten-islamistisch-terroristischen-terroranschlaegen-seit-1993/
2 https://de.wikipedia.org/wiki/Verkehrstod#Deutschland,
das Informationssystem der Gesundheitsberichterstattung des Bundes
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Logbuch Reiselogbuch - 2017-1-10
geschrieben am 9. und 11. bis 13. Juni 2017