Sonntag, 26. März und Montag, 27. März
Am Sonntag hieß es früh aufstehen, um das Schiff nach
Lipari auf der gleichnamigen Eolischen Insel zu
erreichen - dazu kam noch die geklaute
Stunde wegen der blöden Zeitumstellung. Bei der Ausfahrt aus dem Hafen von
Milazzo geht der Blick auf den Dom und die Zitadelle
dahinter.
Nach 1½ Stunden wird der Hafen der Insel Vulcano angelaufen …
… und der Ausblick macht deutlich, woher die Insel ihren Namen hat. Alle Vulkane der Eolischen Inseln - mit Ausnahme des ganz im Norden liegenden Stromboli - sind aber längst erloschen.
Kurz darauf die Einfahrt in den Hafen von Lipari mit der heutigen Burganlage aus dem 16. Jahrhundert und der Kathedrale auf dem schon seit vorgeschichtlicher Zeit besiedelten, 60 m hohen Hügel am Hafen.
Die Kathedrale enthält Reliquien von Bartholomäus; Calogerus von Sizilien gilt als der Missionar der Insel, Petrus Thomas war hier Bischof. Von außen: unscheinbar und in schlechtem Zustand, innen: keine Messe, nur eine deutsche Rentnergruppe - furchtbar!
Innen ist die Kathedrale ganz nett - und die einzige, in der ich bislang eine Hauskatze gesehen habe. Hilft wohl gegen Kirchenmäuse.
Auch nicht übel: der Kreuzgang des Klosters, das Roger I. 1083 an der Kathedrale gründete, um 1131 gebaut.
Die Kirche Maria Santissima Immacolata gegenüber der Kathedrale wurde im 18. Jahrhundert gebaut und lässt Anklänge an byzantinische Architektur erkennen.
Innerhalb der Burganlage gibt es Ausgrabungen, die Besiedelungsspuren bis in vorgeschichtlicher Zeit aufweisen.
Der Blick vom Burgfelsen geht auf die Stadt, im Vordergrund das Rathaus, früher Franziskanerkloster.
Die Stadt: das übliche Gassengewirr.
Ich will zu den - angeblich - durch Calogerus von Sizilien wieder zum Sprudeln gebrachten Thermen am anderen Ende der Insel. Am Taxistand im Hafen stehen eine ganze Reihe schöner neuer Taxis - alle ohne Fahrer. Ich frage einen der Fischer, die gerade ihren Fang verkaufen; der geht zu einem der Autos, öffnet die unverschlossene Tür, dreht am Zünschlüssel, hupt - und schon kommt aus der Bar - natürlich mit Handy am Ohr - der Fahrer, der mich in wilder Fahrt ans Ziel bringt. Heute ist dies nur noch Museum mit spärlichen Resten der römischen Anlage.
Die 1872 gebaute Badeanstalt ist seit 2011 geschlossen …
… aber der Blick nach Westen ist schön.
Bei einem Stop auf dem Rückweg: die südwestliche Küstenlinie von Lipari und hinten die Insel Vulcano.
Bei genauem Hinschauen und da es die von Malta nicht mehr gibt: Lipari hat noch seine Felsbrücke im Meer.
Die Rückreise mache ich im schnelleren Tragflügelboot - eine statt zwei Stunden und kaum teurer -, in dem man aber nichts
sehen kann. 27 € für Hin- und Rückfahrt ist erträglich, aber alles in allem bieten die Insel nicht viel mehr als das, was
man in Sizilien auch sonst sieht. Aber das
Beste werde ich heute - unerwartet - ja erst noch erleben …
Die heutige Kirche Santissimo Crocifisso in Milazzo - früher stand hier die Kirche San Papino - wurde an der Stelle errichtet, an der angeblich die Gebeine von Pappius an Land gespült wurden. Zur Kirche gehört das Franziskanerkloster; Pelagia war hier Tertiarin.
Ebensowenig sehenswert: die Kirche Santa Marina Vergine in einem Vorort von Milazzo, ursprünglich in der Zeit der Normannenherrschaft im 12. Jahrhundert gebaut zur Verehrung von Marina von Bithynien.
Der Blick auf Patti, wenige Kilometer von der Küste entfernt, wird dominiert von der Kathedrale mit Bischofshaus (links) und Priesterseminar (rechts). Massig für ein Städtchen mit 13.000 Einwohnern! Petrus Thomas war hier Bischof, Trophima wurde der Legende zufolge hier geboren.
Als ich an die Kathedrale komme, ist großer Auflauf: die Tragefiguren des Erzengels Michael und - natürlich - der Maria, einige KlerikerEin Kleriker ist in der => orthodoxen, katholischen, anglikanischen und altkatholischen Kirche ein geweihter Amtsträger, der eine der drei Stufen des Weihesakraments - Diakon, Priester oder Bischof - empfangen hat. Im Unterschied zu den Klerikern bezeichnet man die anderen Gläubigen als Laien. Angehörige von Ordensgemeinschaften gelten, wenn sie nicht zu Priestern geweiht sind, als Laien und in der Orthodoxie als eigener geistlicher Stand. In den protestantischen Kirchen gibt es keine Unterscheidung von Klerus und Laien. und eine Anzahl Leute warten.
Auch in der Kathedrale: Maria. Sonst muss man drinnen nichts gesehen haben.
Draußen geht es demnächst los. Nach einem ersten Ave Maria
sagt der Priester auch den Grund der Prozession an: das
Fest „Verkündigung des Herrn an Maria”; es
war eigentlich schon gestern.
Dann setzt sich der Zug in Bewegung …
… und plötzlich von unterhalb der Mauer ohrenbetäubender Krach: ein Feuerwerk! Wenig zu sehen, es ist ja auch noch hell, aber umso lauter zu hören, dazu läuten die Glocken und spielt die Musikkapelle - ein Ohrenschmaus. Da wird sich selbst der Teufel fürchten.
Und dann geht es die Gasse hinab und auf den Zentralplatz der Stadt. Ich habe genug gesehen und gelernt: keine neun Monate
mehr, dann ist Weihnachten.
Nachdem ich auf Lipari - vielleicht auch
wegen zu hoher Erwartungen nach der etwas langwierigen Anreise - eher enttäuscht war, erlebte ich hier ein Stück echter
Volksfrömmigkeit, auch wenn die Zahl der Teilnehmer an der Prozession mit unter 100 eher spärlich war.
Dienstag, 28. März
Nach einem letzten Tag Arbeit in meiner Steinwüste
- seit fünf Tagen war ich wie schon am Anfang ganz allein - verlasse ich den Platz; in dem Moment kommt der Mann der Besitzerin
- er kann etwas Englisch - und bedankt sich überschwänglich für mein Hiersein - er meint, dass ich nicht wie alle anderen nach
einer Nacht gleich weiterfuhr. Traurig, denn es sind nette Leute, aber das wird nichts!
Am Abend vorher war ich in der Pizzeria im Ort Essen. An der steilen und kurvigen Straße kann man nicht parken - aber zum
Glück ist davor ein breiter Gehweg - was es hier sonst kaum gibt. Gehwege benutzt hier sowieso keiner, denn die sind noch
unebener als die Straßen - und die Autofahrer nehmen ja Rücksicht, es ist ungefährlich auf der Straße. Also parke ich den
Gehweg zu - direkt hinter dem Polizeiauto.
Die beiden Uniformierten sitzen schon beim Abendessen, natürlich wie es sich gehört mit einem Glas Wein. Als sie gehen,
verabschiedet sich der eine persönlich von mir - ich verstehe es als Entschuldigung dafür, dass er mich vor einigen Tagen
tadelte, als ich seiner Meinung nach an unpassender Stelle umdrehte.
Am Dienstag ging es dann nochmals in Bergdörfer nördlich des
Ätna, die kein Reiseführer verzeichnet, zuerst an
die Stelle, an der die Höhle sein soll, in
der Conon von Naso lebte. Es geht auf einer
äußert schmalen Straße unglaublich steil den Berg hoch mit Kehren, in denen man rangieren muss - im Angesicht des Abgrundes.
Und dann finde ich an der angebenen Stelle zwar ein Haus, aber keinerlei Hinweis auf Conon. Hinterher stelle ich schon wieder
fest: ich war wieder nur 100 Meter entfernt!
Auf der anderen Seite des Berges geht es auf normaler Straße wieder den Berg hinab Richtung Meer - mit großartigem Blick auf die Äolischen Inseln …
… und wieder in die Berge, die Ätna und
Erdbeben launig geformt haben.
Das Wetter war sehr mäßig, tief hängende Wolken, vom
Ätna nichts zu sehen, kühl und vereinzelt Regen.
Schon in der Nacht war ich aufgewacht, weil der langanhaltende Regen auf die Kiste prasselte, der Donner an den kahlen
Hängen vielfältigen Widerhall fand und ich dann noch hörte, wie der Sturm draußen meinen Tisch und Stuhl umblies - ungemütlich.
Das Kloster Santa Maria di Nucaria war das erste Kloster der Zisterzienser auf Sizilien, als dessen Gründungsabt Hugo von Nucaria wirkte; es liegt mit der alten Kirche im Ortsteil Badiavecchia in einem Tal, der Hauptort Novara di Sicilia auf dem Berg.
Das neue Kloster, 1659 am Rand des Hauptortes gebaut, 1784 aufgegeben, 1927 durch Hannibal Maria di Francia zum Waisenhaus umgewandelt.
Auch im Bergdorf Novara di Sicilia: ein riesiger Dom und im Hintergrund wieder das Meer und die Äolischen Inseln.
Und je mächtiger die Kirchenbauten, umso bescheidener die Häuser der Menschen.
Santa Lucia del Mela liegt nicht weit vom Meer und doch schon steil am Berg; Cherubinus von Santa Lucia wurde hier geboren; an der Kathedrale ist wieder Schluss mit Auto.
Die Gefahren des nahen Ätna und der Erdbeben gehören zum Leben …
… wie Arbeits- und Perspektivlosigkeit …
… in diesem Ort, den auch die Kathedrale
nicht wirklich schmücken kann.
Keine Zierde sind auch die mal wieder sehr grenzwertigen Straßen. Selbst die Autobahn ist oft in sehr schlechten Zustand:
viele Brücken sind nur einspurig zu befahren, offenbar also sehr marode. Neulich stürzte auf der A14 bei
Ancona - also im reichen Norditalien - eine
Autobahn-Brücke ein, das gerade darunter hindurchfahrende Ehepaar verlor sein Leben, zwei weitere Personen wurden verletzt.
Erst im vergangenen Oktober war ein Viadukt in der
Lombardei zusammengefallen, nachdem ein
Lkw darüber gefahren war, und stürzte auf vier Autos; dabei wurde ein Mann getötet, drei Kinder erlitten Verletzungen. Vieles
hier erinnert mich an Marokko, nicht an Europa. Aber
Italien muss sparen, die neuen Forderungen der EU wurden heute im Radio als deutsche Forderungen
empört diskutiert.
Das ehemalige Kloster der Franziskaner in Santa Lucia del Mela ist heute Altersheim. Alt werden ist oft nicht schön, hier wohl sicher nicht …
… und der Ausblick auf die Halbinsel von Milazzo und die Äolischen Inseln macht das auch nicht mehr besser.
Bis heute erhalten ist die Kirche des ehemaligen Basilianerklosters Santa Maria dei Cerei in Rometta, in dem Leo von Catania Zuflucht fand, nachdem er wegen des Streits um die Verehrung der Ikonen hatte aus seinem Bistum fliehen müssen.
Der nahe Ortsteil von Rometta, San Cono, ist nach Conon von Naso benannt, weil auch er wohl einige Zeit im Kloster Santa Maria dei Cerei lebte. Die Kirche in San Cono ist keine Sehenswürdigkeit.
Ich übernachte an der Autobahnratstätte bei Taormina. Von dort zeigt sich am nächsten Morgen der Ätna wolkenlos.
Tracks
Lipari gibt's nur die Rückfahrt: Milazzo
Taormina
Logbuch Reiselogbuch - 2017-1-5
geschrieben am 27. und 31. März und 2. April 2017