Welt bereisen Das Reiseblog des Ökumenischen Heiligenlexikons

Durch die Provinz

   J. Schäfer          

Montag, 6. April

Am Morgen fahre ich nach einer Nacht nahe des Santuario Virgen de la Cabeza durch die Berge wieder zurück; die Schilder warnen vor Luchsen, ich sehe leider keinen.


In Andújar ist das Rathaus auffallend; das Wetter ist - wie man sieht - wieder schlecht, ich bin froh an meinem Regenschirm.

Die Kirche Santa Maria la Mayor beeindruckt durch Größe, nicht durch Schönheit.

In Arjona gibt es in der Johannes dem Täufer geweihten Kirche aber eine schöne Marienfigur.

Arjona wurde in der Reconquista durch Ferdinand III. von den Maren erobert und dann ein wichtiger Stützpunkt; dieses Gebäude des alten Alcázar nennt sich deshalb Haus der Märtyrer und enthält die Gebeine der bei der Eroberung Gefallenen.

Eher schlicht dagegen: das Haus des Königs.

Neben dem Geburtshaus von Raphaela Maria vom heiligen Herzen in Pedro-Abad wurde ihr eigens eine große Kirche errichtet.

In Villafranca de Córdoba wurde Antonio Dionisio Torrero Luque geboren, woran eine Tafel an der Kirche Santa Marina de Aquas santas erinnert.
Den Regentag beschließe ich in Pozoblanco, tief in der Provinz, weil auch dort Märtyrer des Spanischen Bürgerkriegs starben.

Dienstag, 7. April

Auch in Fuente Obejuna starben Märtyrer im Spanischen Bürgerkrieg; am Rathaus erinnert diese Tafel an den großen spanichen Dichter Lope de Vega, weil er den Ort erwähnte.

Die Fahrt geht anschließend fast 50 km weit auf total schlechter Straße durch großartige Landschaft im Nationalpark Sierra Norte de Sevilla. Verrostete Schilder ordnen eine Höchtgeschwindigkeit von 30 km/h an - mehr geht wirklich nicht, Geduld ist angesagt, aber die Landschaft lohnt die Mühen (solches Fahren ist sehr anstrengend, mit höchster Aufmerksamkeit muss man auf Schlaglöcher, möglichen Gegenverkehr - es waren 2 Autos auf der ganzen Strecke - und Abbrüche am Straßenrand achten). Unterwegs: eine verfallendes Kohlebergwerk.

Am Ende der langen Fahrt brauche ich dringend Diesel und zuvor Geld. In dem kleinen Städtchen Alanis, wo es das endlich gibt, ist im Zentrum eine Baustelle; an deren Rand ist die Straße breit, ich stelle die Kiste ab und mache mich zu Fuß auf den Weg. Am Bankomat angekommen, höre ich mehrmaliges Hupen, aber das kann nicht meiner Kiste gelten, die Straße ist breit. Auf dem Rückweg kommt mir ein Mann entgegen: Ob das mein Fahrzeug sei? Er kommt mit seinem Sattelzug nicht um die Kurve - dass solche Kolosse hier fahren, hätte ich nicht gedacht. Warum ich es erzähle: weil der Trucker dabei völlig entspannt war, gerade schon dabei, sich in der Bar etwas zu ordern. Wenn ich da an Deutschland denke - manchmal sind selbst die Machos sehr viel gelassener.
In San Nicols del Puerto, tief in der Provinz, wurde Didacus von Alcalá geboren.

Auf der Weiterfahrt wieder ein bemerkenswerter Kreisverkehr: Olmühlen in verschiedener Größenordnung. Bis heute lebt die ganze Gegend weithin von Olivenöl, außer Ölbäumen wächst hier wenig, die aber bedecken das ganze Land.

Inzwischen bin ich übrigens in der Extremadura, der äußerst harten Landschaft, noch mehr als Andalusien geprägt von fehlender Industrie, Großgrundbesitz und nur in der Saison beschäftigten Landarbeitern - eine Gegend höchster Armut und Auswanderung, Weite und Trockenheit - sofern es nicht wie derzeit regnet - und fast ohne Tourismus.
Nach fast zehn Wochen in Andulusien sage ich: schön war's - ich komme wieder.

In Bienvenida und im Nachbarort Usagre gab es in den Jahren 1950 ff mehrfach Erscheinungen der Maria und deshalb jetzt diese Wallfahrtsstätte.

Auch in Zafra war Johannes von Ávila Gast der Herzogsfamilie - in diesem Palast.

Am Abend besuche ich noch Ribera del Fresno, wo Johannes Massias geboren wurde.

Mittwoch, 8. April

In Mérida verbringe ich einen Ruhetag und plane die Weiterreise; besseres ist bei dem Schmuddelwetter - kalt ist es auch - kaum zu tun. Das Planen ist oft aufwendig: ich weiß die Orte der Heiligen, aber nicht den genauen Platz des Klosters, der Kirche oder gar des Wohnhauses. In Mitteleuropa ist das meist einfach: man weiß den Ort, fährt hin, sieht von weitem die Kirche, parkt davor, Aufgabe erledigt. Hier gibt es im kleinsten Ort oft mehrere, in größeren sehr viele Kirche und Klöster, zudem sieht man im Gewirr der schmalen Gassen nichts. Also suche ich vorab, meist mit Hilfe von Google, und die Ergebnisseiten sind dann natürlich spanisch; unter ihnen muss ich die suchen, die die richtige Information hat. Auch das ist oft mühsam; ohne Googles Übersetzer wäre ich ganz aufgeschmissen. Habe ich den Ort, brauche ich die Adresse - was oft ebenfalls schwierig ist, denn offenbar ist Spanien eben doch noch weithin eine Agrargesellschaft: da braucht man keine Adresse, da kennt man die Stelle. So haben viele Webseiten natürlich die Telefonnummer, dazu E-Mail-Adresse, Facebook-Link, Videos und allerlei Gimmicks, die zeigen, wie modern man ist - nur die Adresse fehlt, die braucht hier keiner. Nur ich. Und wenn ich schließlich doch den Straßenname herausgefunden habe, muss entweder mein Navi oder Google-Maps ihn auch verzeichnen - was wiederum nicht selbstverständlich ist, zudem ändern die Spanier ihre Straßennamen häufig, selbst wenn ich einen weiß, ist es manchmal nicht der aktuelle.
In Mérida war es einfach, die Basilika Santa Eulalia zu finden, sie liegt an der Durchgangsstraße. Eulalia von Mérida ist nicht nur Patronin der Stadt, sondern die beliebteste Heilige Spaniens - natürlich nach Maria. Das Bild ist nicht etwa in der Dämmerung aufgenommen, sondern vormittags um 10 Uhr. Sauwetter, anhaltend!

Alle Tore zu Eulalias Basilka stehen weit offen, also trete ich ein - nicht weit, bis die erste Dame mich verweist: der Eingang sei hinten. Beim zweiten und dritten Versuch geht es mir nicht besser; die Frauen putzen gerade die Kirche - jetzt, nach der Semana santa werden überall von vielen fleißigen Händen die Kirchen geputzt. Die Kirche ist nicht zu besichtigen, nur die Ausgrabungen - für schlappe 12 €, die sich aber lohnen. Den Weg zu deren Eingang - hinter der Kirche, in einem hässlichen modernen Anbau, völlig unbeschildert - hätte ich ohne die forschen Frauen wohl nicht gefunden.

Unweit der Basilika Santa Eulalia wurde das von Bischof Masona von Mérida gegründete Hospital ausgegraben.

Auf dem Rathausplatz an der Kathedrale werde ich Zeuge einer kleinen, dennoch durch viele Böllerschüsse ungeheuer lauten Demonstartion: Feuerwehrleute fordern ein neues Feuergesetz.

So großartig die Basilika Santa Eulalia war - oder besser: deren Ausgrabungen, denn in die Kirche konnte ich ja nur wenige Blicke werfen -, so mickrig ist die Kathedrale.

Mérida ist die Stadt mit den meisten römischen Bauwerken in Spanien - und bekennt sich dazu offenbar gerne - auch im Kreisverkehr.

Hier hat man das neue Haus einfach im ersten Stock über den Ausgrabungen gebaut.

Auch die lange Brücke stammt im Kern noch von den Römern.

Auf einer Kirchenruine baut ein Storchenpaar sein Nest. Und während ich zuschaue, sehe ich in diesem Moment wohl auch, warum.

In Don Benito bei Badajoz, tief in der Provinz, gründete Mathilde vom Heiligen Herzen Jesu Téllez Robles ein Kolleg für Waisenmädchen und arme Kinder, damals hier sicher ein Segen. Die Kirche der kleinen Stadt sieht noch immer etwas mitgenommen aus.

In Badajoz, der Hauptstadt der Extremadura, liegt die Kathedrale - wie die ganze Stadt - zur Siestazeit still vor mir.
Damit verlasse ich Spanien einstweilen, kurz hinter der Stadt beginnt Portugal. Von der Grenze ist nichts zu merken außer den kleinen Häusern, die wie Bauernhütten aussahen, aber dereinst Zollstation waren; ach wie toll ist das geeinte Europa und wie fahrlässig die Politiker, die damit spielen! In Campo Maior erwartet mich ein wieder von Holländern geführter, gelobter Campingplatz, um dort die nächsten Tage zu arbeiten.

Donnerstag, 9. April bis Montag, 13. April

Der Campingplatz ist wirklich ok, die Besitzer sehr nett, alles klein und sehr familiär, die Lage herrlich ruhig. Schnell merke ich, dass ich nach der gerade vollzogenen Umstellung auf die Sommerzeit mich wieder umgewöhnen muss: In Portugal gilt Mitteleuropäische Zeit, aber ohne Sommerzeit; dafür gibt es im Winter eine Winterzeit, bei der die Uhren eine Stunde zurückgestellt werden - insgesamt also ist das Greenwich-Zeit, nennt sich aber nicht so, man will ja zu Kontinentaleuropa gehören. Also stelle ich meine Uhren und mich eben wieder um …

Auf dem Campingplatz gibt es umfangreiche Informationen zum Ort, der als Grenzfestung gegen Spanien bedeutend war. Als 1732 in der Nacht ein Blitz in den Pulverturm einschlug, explodierten 10 Tonnen Schwarzpulver, der Ort wurde dem Erdboden gleichgemacht, über 1000 Menschen starben, im Schlaf überrascht. Nun erfahre ich auch, dass Beatrix da Silva Meneses hier ihr Elternhaus hatte.

Beim Gang durch die Gassen am Sonntagnachmittag sitzen überall die Leute vor ihren Häusern - drinnen ist es zu warm, seit gestern ist das Wetter endlich gut. Die rechts Sitzende sprichte mich an - und ich fotografiere sie gerne.

Insgesamt fällt auf, wie niedrig der Wohlstand ist, der Abstand zu Spanien ist deutlich - ich fühle mich an die Türkei erinnert. Das BIP beträgt in Spanien (2014) 31.215 $ - das sind 93% des EU-Durchschnittes -, in Portugal nur 21.607 $ - 72 % des EU-Durchschnittes - (in Deutschland 45.079 $ - 109%). In der Türkei liegt es bei nominal 12.418 $, nach der Kaufkraft aber bei 22.472 $ - tatsächlich lebt das Land also auf türkischem Niveau. Auch das Angebot im - natürlich sonntags geöffneten - Supermarkt - von der französischen Kette intermarché - ist sehr bescheiden.
Dass die Straße des 1. Mai im Stadtzentrum nach dem früheren Diktator - er regierte 1932 bis 1968 benannt war, wird noch immer festgehalten, er ist noch immer beliebt und wurde 2007 in der TV-Sendung Os Grandes Portugueses mit deutlichem Vorsprung zum bedeutendsten Portugiesen aller Zeiten gewählt.

Die Tracks:
Pozoblanco
Mérida (unvollständig)
Campo Maior

geschrieben am 11., 12. und 13. April 2015


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