Dienstag, 11. Juni
Ohne großen Plan schaue ich mir Sehenswertes in der Gegend an; noch nicht die ganz großen Highlights Kappadokien mit den vielen Touristen, sondern eher stillere Plätze, so den Ort Ortahisar, der von einem großen Wohnfelsen überragt wird.
Nahe Ürgüp gibt es das
ehemalige Kloster Hallaç
; es wurde im 11. Jahrhundert in den Fels gehauen und noch gegen Ende desselben Jahrhunderts
während der seldschukischen Eroberung aufgegeben. Später haben die Einheimische die Eingänge vermauert, um sie als
Taubenschläge für die Produktion des als Dünger begehrten Vogelmistes zu nutzen.
Im Freilichtmuseum Zelve-Tal
steht eine Wanderung durch das sonnige, noch bis 1952 Tal mit Felsenwohnungen und
-werkstätten genutzte und von Felsenkirchen geprägte Tal an. Die Fisch und Trauben
-Kirche ziert am Eingang ein
verwaschenens Fresko der thronenden Maria mit dem
Jesuskind. Sie entstand noch vor dem großen
Streit um die Ikonen, also vor dem 8. Jahrhundert.
Die Kirche hat ihren Namen, weil es im Inneren als Dekor Fische - das Symbol der jungen Christenheit - und Weintrauben -
als Erinnerung ans Abendmahl und an Jesu
Satz Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben
(Johannesevangelium 15, 5) - gab.
Dierkt neben dieser Kirche war die Getreidemühle; der Mühlstein hat bei einem Durchmesser von 1,5 Metern ein Gewicht von rung 500 kg.
bizarre Felsenwohnung
bizarre Felsenlandschaft
Die Heilig-Kreuz
-Kirche, früher versehen mit der Inschrift: Zeichen Gottes,
Jesu geweiht, Tor zum Himmel ...
, als
dessen Verfasser Nicetas angegeben wird.
Die Kirche enthielt die Gräber von Kirchenfürsten - und außerdem eine Weinkellerei!
Es gibt auch eine kleine Moschee in diesem Tal; sie wurde von der Bevölkerung noch bis 1952 für Feste benutzt.
Ein Felsen, der die Gestalt einer Kuppel hat, beherbergte ein Kloster mit vier Stockwerken, zwischen denen es kleine Fluchttunnel gab, um den Angriffen von Feinden zu entkommen. So konnte das Christentum in Kappadokien bis Anfang des 20. Jahrhunderts überleben.
Im Zelve-Tal gab es schon früh auch ein Priesterseminar.
In Kappadokien ist selbst die Jandarma in einem Wohnfesen untergebracht; sie verspricht, für die Sicherheit der Besucher immer da zu sein - nur einen Telefonanruf entfernt.
Göreme wird im
Zentrum überragt von diesem mit Säulen gezierten Felsen, der Burg
, einem antike Felsengrab aus vorchristlicher Zeit.
Der Ort selbst ist das Zentrum des Tourismus, die Kellner und Händler sind aufdringlich - schnell weg!
Abseits besuche ich die Nazaret-Kirche
- wenn schon nicht Nazaret in Israel, dann wenigstens hier! Sie liegt abseits in einem über einen Feldweg zu erreichenden
Tal; für 2 € schließt der Wächter sie auf; dem mit mir ankommenden Wanderer war dies zuviel - aber es lohnt sich, die
kleine Kirche hat gut erhaltene Fresken.
die Apsis
ein Seitenschiff
Ich vermute: die Auferweckung des Jünglings zu Nain (Lukasevangelium 7, 11 - 17)
oberhalb Göreme
Einige Meter weiter, wieder über einen Feldweg abseits zu erreichen, steht die Aynalı
-Kirche, die
gespiegelte
Kirche - so genannt, weil ihre ornamentale Ausmalung symmetrisch ist.
Im hinteren Teil ist eine kleine Öffnung zu einem schmalen Gang ...
... der zu einer steilen, niedrigen Treppe in die erste Etage führt.
Dort öffnet sich ein recht großer Raum, von dem aus ein weiterer enger Gang durch den Berg hindurch ins Freie an dessen Rückseite führt. So konnte man den Verfolgern entkommen.
Die Aynalı
-Kirche von außen ...
... und ihre Umgebung.
Mittwoch, 12. Juni bis Freitag, 14. Juni
Es ist einfach faszinierend, wie die Feenkamine
mitten im Alltag der Dörfer stehen, so wie in
Göreme
Ich verbringe drei Tage im Wesentlichen auf dem anderen Campingplatz, Kayla-Camping
, wo alles sauber und bestens ist
und es alles gibt, was man braucht: v.a. Waschmaschine und Swimming-Pool benutze ich ausgiebig. Der Besitzer spricht sehr
gut Deutsch (In der Schule gelernt
), und als ich mir abends ein Bier gekauft habe (gibt's hier auch!), wünschte
mir der Verkäufer Bon appétit!
- was will man mehr. Ich arbeite das Material auf,
das sich die letzten Woche angesammelt hat, putzte und repariere mich und meine Kiste; das Geschaukel der letzten Wochen hat
an der Einrichtung nun doch seinen Tribut gefordert: ein Schrank schließt nicht mehr richtig, an einem Wasserhahn ist der
Einlauf (aus Plastik!) abgebrochen und das Stromkabel meiner Kühltruhe hat sich blank gescheuert: Kurzschluss!
Die nun fertig- und zusammengestellte Statistik zeigt mir: ich lebe hier sehr billig! In den 38 Tagen seit der Abfahrt
habe ich 233 € für Essen und Hygiene, 109 € für Campingplätze und 63 € für Eintritte und Sonstiges ausgegeben, also
zusammen keine 11 € am Tag. Was teuer ist, ist der Brennstoff für die Kiste; bislang bin ich 6630 km gefahren - aber das
wird nun weniger.
Seit Donnerstag habe ich auch die Besucher-Zählung von Google auf dem Blog installiert; am ersten Tag waren es 18, am
zweiten 29 Besucher, die im Durchschnitt mehr als 4 Seiten betrachtet haben und länger als 6 Minuten blieben - ein
im Internet sehr hoher Wert -; ich bin erfreut (auch wenn diese Zahlen natürlich Peanuts
sind gegenüber den im
Jahresdurchschnitt täglich 7000 Besuchern und über 20.000 Seitenaufrufen beim Heiligenlexikon).
Samstag, 15. Juni
Ich besuche das Kirchental
, das Freilichtmuseum bei
Göreme. Gleich am
Eingang das mit sieben Stockwerken in den Fels geschlagene ehemalige Nonnenkloster, das wegen Einsturzgefahr nicht innen
besichtigt werden kann. Die Klöster in
Kappadokien
wurden wesentlich geprägt von den Ordensregeln des
Basilius.
Ihm ist die Basilius-Kapelle gewidmet, hier die linke Querachse. Die Kirchen sind natürlich sehr klein, dafür gab es alle paar Meter eine Kirche, das Tal war ja von Mönchen, Nonnen, Einsiedlern und Priestern bevölkert.
Der heilige Georg soll in Kappadokien geboren worden sein.
In den Kirchen gab es viele Gräber, hier in der Basilius-Kapelle wohl v.a. von Kirchenfürsten
, die aber nicht
identifiziert sind.
die Basilius-Kapelle von außen
Die Çarıklı-Kirche - die Kirche der Himmelfahrt Christi -, so genannt wegen der dargestellten Fußspuren Christi.
Das Refektorium, der Speisesaal neben der Çarıklı-Kirche - bequem ist anders!
Speise-, Lager- und Vorratsräume
Ich ging recht früh am Morgen ins Museum, um der Mittagshitze zu entgehen: diese Idee war suboptimal, denn die hatten
viele andere auch, darunter viele Reisegruppen - darunter erstaunlich viele spanisch Sprechende. Reisende in Gruppen sind
ein Graus - am schlimmsten sind die Japaner!
Das Museum ist perfekt organisiert, in allen Kirchen sind Wächter, in den meisten ist Fotografierverbot.
Die Saklı-Kirche, die versteckte
Kirche, liegt schon wieder außerhalb des Museums und wurde wegen ihrer abseitigen
Lage erst 1957 wiedergefunden. Die Merkwüdigkeiten
Kappadokiens
wurden 1705 von dem Franzosen Paul Lucas für Europa entdeckt.
Sonntag, 16. Juni
Den verkehrsarmen Sonntag benutze ich zum Besuch in
Kayseri, dem früheren
Cäsarea, einem der Zentren des frühen Chtistentums und Wirkungsstätte von
Basilius dem Großen
.
Die Stadt empfängt mich mit der großen Hacı-Kiliç-Moschee und -Medrese, gebaut 1249.
Die Sahabiye-Medrese im Zentrum der Stadt wurde 1267 gebaut.
Die Rolltreppen vor der Medrese führen ins riesige Ladenzentrum unter dem Zentralplatz von Kayseri; trotz Sonntag sind die meisten Läden geöffnet. Die Flure und die Ausmaße sind unüberschaubar, dagegen ist die Klett-Passage am Stuttgarter Hauptbahnhof provinzielles kleines Karo.
Sonntagsvergügen an der Mauer der Zitadelle: Tauben füttern; sie hat mich nicht getroffen! Kayseri ist eine moderne, saubere Stadt mit 1 Million Einwohnern, 31 Krankenhäusern, 521 Grundschulen, 85 Gymnasien, 48 Hochschulen und 4 Universitäten (davon sind 2 privat).
Auch sie arbeitet sonntags: eine Müllsammlerin, die Abfalltonnen und Papierkörbe nach Verwertbarem - z. B. Papier oder Plastik - durchsucht. Solche Müllsammler gibt es in jeder Stadt
Das Kastell inmitten der Stadt. Als Basilius
Bischof der Stadt war, lag diese etwa 2 km südwestlich des heutigen Zentrums. Dann ließ er eine neue, ummauerte Modellstadt
errichten: die geistliche Stadt Basilias
, die mit einer Mauer umgeben war, Kranken-, Waisen- und Armenhäuser
und Altenheime hatte und ein Aussätzigenasyl unterhielt; diese Stadt galt als eine weiteres Weltwunder
; sie ist
heute in der von Kaiser Justinian I. zur Zitadelle umgebauten und von den Seldschuken vergrößerten Befestigungsanlage noch
zu erkennen. Basilius war ein außerordentlich frommer Mann, der sich - deshalb! - um das Wohlergehen der Menschen
kümmerte.
Heiligenverehrung
im Islam: Das Grab für einen 1414 verstorbenen namens Zeynel Abidin. Solche Gräber gibt es zuhauf,
sie werden häufig besucht.
Der Zentralplatz, natürlich mit Atatürk-Denkmal und - fast einer Kirche. Darunter ist das Einkaufszentrum, dahinter die nagelneue Straßenbahnlinie - eine zweite und dritte ist im Bau. An vielen Stellen ist zwischen den Schienen Kunstrasen verlegt.
An einer Ecke des Platzes wird die Stadtgeschichte auf sechs Tafeln dargestellt, darunter ist diese Tafel über Kayseri als Zentrum des Christentums.
Ich fahre nach Talaş
bei Kayseri, um eine ehemalige Kirche zu besuchen - und treffe dort auf ein Hochzeitsauto. Ich sah viele solche Autos
in der Stadt. Übrigens habe ich gelernt: Hochzeits-Salons gibt es überall, oft auch in kleineren Orten. Ich verstehe
besser, warum wir in der Kirchengemeinde so oft Anfragen nach einer Halle
für Hochzeiten bekommen haben - solche
Dügün-Salonu
gibt es bei uns ja nicht.
Der eigentliche Grund meines Besuches in
Talaş ist diese frühere
Kirche, die Panaya
-Kirche, die Kirche Aller
Heiligen
- heute Moschee.
Und dann sehe ich auch noch die Braut, die fürs Hochzeitsfoto gestylt wird.
Zurück in der Stadt erlebe ich in der Kalemkırdı-Moschee das Mittagsgebet. In meinem alten Reiseführer steht, dass man als Tourist in Kayseri extrem angemacht wird. Das stimmt noch immer: selbst hier unterbricht einer sein Gebet und spricht mich auf perfektem Deutsch an: er könne mir alles in der Stadt zeigen ... Danke, ich brauche keinen Teppich, auch keine Fake-Rolex.
In einer wohlhabenden Stadt gibt es auch entsprechende Grabstätten ...
In Nevşehir´steht
dieser Sarkophag im Museum. Aber Nevşehir ist, wie ich herausfinde, nicht Nyssa, wo
Gregor von Nyssa Bischof war. Das richtige
Nyssa liegt nahe am Tuz
Gölü - dort war ich vor fünf Wochen!
Dafür esse ich wirklich wohlschmeckendes Döner Kebab
: gedrehtes Fleisch
.
Nett ist es in Nevşehir.
Auf dem Rückweg schaue ich mir den großen Wohnfelsen in Uçhisar an.
Davor verkaufen Bauersfrauen Kunstgewerbliches. Natürlich alles in Handarbeit hergestellt ...
Direkt an meinem Campingplatz: das Kılıçlar-Tal, das Schwerter
-Tal.
Montag, 17. Juni
Heute morgen werde ich um 5 Uhr durch lautes Zischen geweckt. Nein, kein Arbeiteraufstand in der DDR, nicht die
Revolution
in der Türkei: die Ballons, die jeden Morgen über Kappadokien fliegen, kommen heute direkt am
Campingplatz vorbei - einer so nahe, dass er die Bäume leicht streift.
So kann man sich guten Morgen
wünschen - die meisten Touristen sprechen ja Deutsch. Das Ballonfahren ist sehr beliebt
- trotz des Absturzes eines Ballons vor einigen Wochen mit drei Toten.
Die lautlosen Ballone sind ein erhebender Anblick. Wenn sie aber den Brenner einschalten, dann ist das - so in nächster Nähe - ein ordentlicher Lärm!
Einige Ballone landen unmittelbar neben dem Campingplatz: punktgenau auf dem Anhänger, der zum Transport des großem Korbes schon bereitsteht.
geschrieben am 17. Juni 2013