Mittwoch, 19. März bis Sonntag, 24. März
Nach vier Tagen Arbeit auf dem ruhigen Campingplatz
Elisabeth geht es heute in die Umgebung. Das erste Ziel ist ganz in der Nähe, gut 5 km, das wird schnell gehen.
Die Anfahrt führt am Ende über eine Offroad-Piste mit tiefen Furchen, einer Bachdurchfahrt und ordentlichen Steigungen,
aber meine Kiste schlägt sich prächtig - bis zu der Stelle, wo an einer Wasserleitung eine 20 cm hohe Stufe
im Weg
ist, das schafft keiner. Also zu Fuß weiter, nur noch gut 1 km. Nach 800 m ist der Weg mt einem Weidezaun versperrt und der
ist so gut befestigt, dass man ihn ohne Werkzeug nicht öffnen kann. Also zurück - und die Kiste schafft auch den Rückweg, ich
hatte schon Schlimmeres befürchtet!
Nun muss ich es also aus der anderen Richtung probieren, vom Dorf Chromonastri aus, das ich mir nun erst einaml anschaue
- und mich in den engen Gassen verlaufe, dann an der Hauptstraße aber auf das
Militärmuseum stoße, das die griechische Armee
(!) hier eingerichtet hat. Na ja.
Schließlich finde ich meine Kiste wieder und nun geht es im zweiten Versuch zur angepeilten Kirche, diesmal bergab - so weit,
bis es zu steil wird, weil der hier eigentlich asphaltierte Weg durch die Unwetter so voll Matsch und Geröll ist, dass
die Kiste nicht mehr hochkommen wird. Also wieder zu Fuß - und dann bin ich am Ziel, der
Eutychios geweihten
Kirche, die möglicherweise
Johannes der Fremde
erbaut hat,
jedenfalls gab es auch schon im 5./6. Jahrhundert hier eine Kirche.
So merke ich: was ich bislang bei Johannes (ab-)geschrieben habe, war so nicht ganz richtig. Jetzt beim Schreiben macht die Recherche mindestens so viel Mühe wie gestern das Hinkommen zur Kirche.
Nicht nur wenn man mit dem Auto kommt, auch vor Fußgängern flüchten
die Schafe. Gemächlich. Und sie können ja nicht
wissen, dass ich Schäfer bin. Wenigstens weiß ich jetzt, wozu der Zaun gut war, der mir den ersten Weg versperrte. Für
die läppischen 5 km zur Kirche habe ich jetzt
fast drei Stunden gebraucht …
Und weil die Zeit jetzt eh egal ist, gönne ich mir auf dem Rückweg den Marsch hinunter zur Antonius-Kirche in der Myli-Schlucht. Sie hat ihren Namen, weil es dort ob ihres Wasserreichtums früher viele Mühlen gab (Griechisch ist gar nicht so schwer …). Die letzten Bewohner sind 1972 weggezogen aus Furcht vor weiteren Felsstürzen, jetzt ist die Schlucht als Wanderweg für Touristen aufbereitet.
Wasser kommt - direkt neben der Kirche - immer noch in Mengen aus den Bergen.
Kurz darauf wieder einer der unzähligen Felsstürze - und weil die Zeit immer noch egal ist, fotografiere ich ihn, auch
wenn es bei weitem nicht der eindrücklichste ist. Fast alle sind inzwischen so zur Seite geräumt wie hier, damit man
durchkommt. Aber man mag sich nicht vorstellen, vor vierzehn Tagen unterwegs gewesen zu sein …
Bleibt nur noch zu erwähnen, dass 300 m weiter - hinter einer Kurve - die Straße ganz gesperrt war und meine
Ausweichstrecke dann auch - aber schlussendlich wies mir eine junge Frau den Ausweg - auf mäßigen Feldweg - und das mit
der Zeit … - auch da muss man halt griechisch Lernen.
Auch die schnell und einfach zu findende
Friedhofskirche in Pigi baute
möglicherweise
Johannes der
Fremde
.
Heute ist Sonntag, auch morgen wird Feiertag sein: der griechische Nationalfeiertag, der Unabhängigkeitstag
. Für ein
Volk, das auf Kreta - erst seit 1898, und noch einmal unterbrochen
durch die Deutschen 1941 bis 1945 - frei und nicht unter ständig wechselnder Fremdherrschaft - Araber, dann Venezianer,
dann Osmanen - lebt, ist das ein wichtiger Tag. Und das Kloster
Arkadi ist dafür ein wichtiges Symbol, deshalb
heute gut besucht.
Im Kloster Arkadi wurden die im Befreiungskampf
1824 gestorbenen Märtyrer Angelis,
Manuel, Georgios und Nikolaos bestattet.
Seine große Bedeutung als Freiheitssymbol erhielt das Kloster aber durch die Ereignisse von 1866: Am 1. Mai versammelten
sich dort 1500 kretische Rebellen und wählten ihre Anführer, darunter den Abt des Klosters, Gabriel Marinakis. Der türkische
Statthalter Ismail Pascha forderte nun, dass der Abt das Revolutionskomitee aus dem Kloster vertreiben musste, sonst würde
er es zerstören. Der Abt weigerte sich; im Juli zerstörten die Truppen
Ikonen des inzwischen verlassenen Klosters. Nachdem die
Rebellen zurückgekehrt waren, erneuerte der Pascha seine Forderung, die Rebellen organisierten die Verteidigung des Klosters,
in dem auch viele Frauen und Kinder aus den nahe gelegenen Dörfern Zuflucht gesucht hatten. Am 7. November waren 964
Personen im Kloster, davon 325 Männer, von denen 259 bewaffnet wurden. Am Abend umstellten die Türken das Kloster mit 6000
Soldaten, 200 Reitern, 1200 albanischen Söldnern und 30 Kanonen und forderten am nächsten Morgen die Übergabe des Klosters,
was mit Schüssen und dem Zeigen der Fahne, die die
Verklärung Christi darstellt, beantwortet wurde.
Die Schlacht begann und setzte sich den ganzen Tag fort mit vielen Verlusten der Türken. Am folgenden Tag, dem 9. November,
zerstörten neu herangebrachte Kanonen das Westtor; der Abt befahl seinen Leuten, im Weinkeller, in dem das Schießpulver
lagerte, Zuflucht zu suchen. Die Schlacht ging innerhalb des Klosters weiter: die Rebellen kämpften mit ihren Schwertern,
Mädchen und Frauen verübten mit Pulverfässern Selbstmordattentate an den Angreifern. Nach Einbruch der Dunkelheit, als
die Lage für die Rebellen aussichtslos war, brachte der militärische Führer aus Anforderung des Abtes im Magazin das
Schießpulver zum explodieren. Die dort versammelten Kreter, aber auch viele Türken vor dem explodierenden Keller, dessen
Decke dabei auch gesprengt wurde, starben. Insgesamt gab es 864 tote Kreter und etwa 1500 tote Türken, dazu 114 gefangen
genommene Rebellen. Diese Schlacht wurde in Europa aufmerksam zur Kenntnis genommen und führte dann dazu, dass die
europäische Diplomatie sich nun für Kreta interessierte, und führte schlussendlich zu seiner Befreiung im Jahr 1898.
Der nun dachlose ehemalige Munitionskeller ist heute wichtige Gedenkstätte, die UNESCO erklärte das Kloster Arkadi zum
Europäischen Freiheitsdenkmal.
der Innenhof des Klosters
Bei der Weiterfahrt: weiße Berge, aber nicht die seither gezeigten und so genannten im Westen, sondern das Idagebirge
mit dem höchsten Berg Kretas, dem 2456 m hohen Psiloritis.
Letztes Ziel für heute: die Ausgrabungen der Basilika von Katsivelos in Archea Eleftherna mit Fußbodenmosaiken, leider nicht zugänglich; auf sie geht das katholische Titularbistum Milopotamus - griechisch Avlopotamos - zurück; Hieronymus Hermosilla trug den Titel.
Erhalten sind auch Reste des Bischofspalastes neben der Basilika.
Montag, 25. März
Den Feiertag nutzte ich zum Besuch der Stadt Rethymnon, zuerst der von den Venezianern erbauten Fortezza, wo Matthäus von Gerakari gerichtet wurde.
Eindrucksvoll ist die dortige Sultan Ibrahim Moschee,
von den Osmanen 1646 an der Stelle der venezianischen
Kathedrale erbaut; rechts daneben die Reste des einstigen Bischofspalastes.
Anthimos von Athen wirkte hier offenbar
beim Aufstand der Kreter in den Jahren 1363 bis 1366 zeitweise als Präsident von Kreta
und Beichtvater
.
Die kleine Kirche Agia Ekaterini wurde erst im 19. Jahrhundert gebaut.
In der Stadt, in der Ignatios der Sinaite und möglicherwese auch Methodios von Nivritos geboren wurden, sieht man noch viele Häuser, die ihren osmanischen Stil bewahrt haben.
Diese Kirche ist der Stadtpatronin Barbara geweiht. Heute, am Feiertag ist sie offen und ich kann einige Ikonen fotografieren.
Vorbei am ziemlich kleinen Großen Tor
,
wo Angelis und Manuel und
Georgios und Nikolaos gemartert wurden, komme ich zur nahen, ihnen geweihten
Kirche der vier Märtyrer. Und dort nehmen die
Vorbereitungen zur Feier und Parade des Unabhängigkeitstages immer mehr Formen an: Pfadfinder kommen lautstark trommelnd.
In der Metropolitankirche - der bei
Gerasimos IV. von Kreta und
Gefährten genannte, in Rethymno amtierende Bischof Hierotheos von Lampi und sein Diakon wurden 1821 beim erfolglosen
großem Aufstand gegen die Türken getötet - findet noch die heilige und göttliche Liturgie
statt, davor warten
einige auf die Feiern zur Unabhängigkeit.
Beim Verlassen der Stadt - die Durchfahrt ist wegen des anstehenden Umzugs gesperrt - eröffnet sich der Blick auf die riesige Fortezza und die engbebaute Altstadt.
Und später, kurz vor dem nächsten Ziel weiter östlich: wieder die Schneeberge des Idagebirges.
Im abgelegenen Bergdorf Axos wurde der Patriarch
von Konstantinopel Athanasios III.
Patelaros geboren, zu seinen Ehren baute man dort 2008 diese Kirche.
Die Kirche hat hier offensichtlich einen enormen Stellenwert und ist reich; die unzähligen Kirchen sind meist in gutem
oder sehr gutem Zustand - kein Vergleich mit vielen Häusern.. Das Bergdorf Axos hat nun neun Kirchen bei 385 Einwohnern im
Jahr 2011.
Für 46 km nach Axos habe ich - einschließlich
15 Minuten Kiste waschen unterwegs, sie hatte es driiiiingend nötig- 1¾ Stunden gebraucht; nicht weil viel Verkehr war,
sondern einfach weil die Straßen unendlich bergig und kurvig sind, ich mich fast nur im 2. und 3. Gang bewege. Ich lerne
Geduld, versuche es jedenfalls …
Tracks
Chronomastri - auch MyTracks gab bald schon entnervt auf
Axos
geschrieben am 25. und 26. März 2019