Welt bereisen Das Reiseblog des Ökumenischen Heiligenlexikons

Sardinien, die Vielfältige

   J. Schäfer          

Montag, 7. März, bis Sonntag, 13. März

Die Fahrt durch die Berge - kurvenreich wäre untertrieben, sie besteht nur aus Kurven - führt mich nach Loceri zur Bacchus geweihten Kirche.
In Madas sehe ich am Bahnhof Schienenfahrzeuge der Trenini verde. Diese Schmalspurbahnen mit den grünen Züglein erschlossen mit 630 km Strecken manche Teile der Insel, heute werden sie durch Omnibusse ersetzt, einige Teilstrecken durch die Berge sind im Sommer für Touristen noch in Betrieb …


… wobei die Vertrauenswürdigkeit der Fahrzeuge hinterfragt werden kann.

Über Suelli, wo Georg von Suelli Bischof war, und Dolianova bei Cagliari, wo Benedikt von Dolia daselbe Amt ausübte, komme ich nach San Sperate, wo für die durch Brumasius von Cagliari bewahrten Reliquien von Speratus, eines Märtyrers von Scili, die Kirche gebaut wurde, und schließlich nach Cagliari, die Inselhauptstadt, zuerst an dieses Kloster der Kapuziner, zugleich Sanktuarium für Ignatius von Láconi und Ort der Verehrung für Nikolaus von Gesturi, den ich dort entdecke.

Noch am Abend ergibt sich vom Hausberg Urpino ein Blick über die Stadt Cagliari mit ihrem Hafen.

Dummerweise sind die ältesten Kirchen ja immer am höchsten Punkt einer Stadt; am Morgen geht der Fußmarsch zur Kathedrale also wieder einmal kräftig bergauf. Die ersten Touristen sind auch schon da.

In der Krypta der Kathedrale wurde 1618 das Sanktuarium der Märtyrer eingeweiht, in dem die Gebeine der vielen - tatsächlichen oder angeblichen - Märtyrer von Sardinien und Cagliari ihren würdevollen Platz gefunden haben, darunter Lucifer von Cagliari und Saturninus.

Dann geht es in die Unterstadt zur Kirche San Efisio, die Ephysius von Nora geweiht ist, zur Krypta, in der angeblich Restituta starb, und zu dieser prächtigen Kirche Sant'Anna, in der Georg von Suelli getauft wurde.

Vorbei an den Resten des Klosters San Francesco di Stampace, wo Salvador von Horta lebte und der Kapelle del Asilo, wo Josefina Nicoli wirkte, geht es zu dieser Kirche Sant'Antonio Abate, die Lucia de Satrillis besuchte.

Nach der Kirche San Lucifero, die Lucifer von Cagliari geweiht ist, sehe ich die Reste der ältesten Kirche der Stadt und früheren Kathedrale San Saturnino, erbaut an der angeblichen Stelle des Martyriums von Saturninus. In der Antike spigelt sich die Moderne - oder auch umgekehrt, angesichts der aktuellen Kriegsgreuel.

Mit dem Auto geht es dann noch zur Kirche Sant'Avendrace, wo Avendris von Cagliari lebte und dann weiter nach Süden über diese alte Kirche in Villa San Pietro, wo die Prozession zu Ehren von Ephysius vorbeikommt …

… nach Nora, wo Ephysius starb; seit dem 8. Jahrhundert liegt die Stadt in Trümmern, weil sich die Bewohner zum Schutz vor osmanischen Piraten weiter ins Landesinnere zurückgezogen haben.

Dann reicht es am Abend noch, über die Berge in den Westen der Insel zu fahren nach Tratalias, heute Tratalias Vecchia, wohin das zuvor in Sulci - dem heutigen Sant’Antioco - beheimtete Bistum verlegt wurde. Trotz der mächtigen Kirche ist der kleine Ort heute ein Museumsdorf, nur im Sommer für Touristen belebt und jetzt alles geschlossen.

Nach einer Nacht im Hafen von Sant’Antioco geht es in die Stadt zu der alten Kirche, die Antiochus von Sulci geweihtist und wo weitere Märtyrer wie Jaumaeus und Jacorius sowie Platanus und Rosa starben.

Zwei Stunden dauert dann die Fahrt durch die Bergwelt nach Laconi, wo Ignatius von Laconi herstammte; sein Geburtshaus kann man besichtigen.

Weiter geht die Fahrt ins einsame Bergtal zum ehemaligen Bergwerk Funtana Raminosa, als Beispiel für eines der vielen Bergwerke auf Sardinien, in denen Apollinaris von Valence, Ascanius von Tarragona, Callistus I., Hippolyt von Rom, Hippolytus und Pontianus Zwangsarbeit zuu leisten hatten. In Othoca, heute Santa Giusta bei Oristano, wo diese beeindruckende Kathedrale steht, wurde Peter Massalenus geboren.

In Oristano steht voror dem Rathaus- schon im Licht der untergehenden Sonne - das Denkmal der sardischen Nationalheldin Eleonora. Sie trotze als letzte Richterin, also Kleinkönigin, von Sardinien der Herrschaft der Aragónier, schuf 1395 ein liberales Zivil- und Strafgesetzbuch - auch zum Ausgleich der konkurrierenden Interssen von Hirten und Bauern -, starb aber 1402 an der Pest. Danach konnten sich die Spanier auf der ganzen Insel durchsetzen - und wie auch anderswo, zum Beispiel habe ich das auf Kreta eindrücklich erfahren - so war auch für Sardinien die Zeit der spanischen Herrschaft die schlimmste.

Im Dom von Oristano werden Archelaus und Justa und Heredina verehrt.
Übernachten kann ich nahe Oristano an einer der wenigen Autobahnratstätten, die es auf Sardinien gibt.
Die Autobahn - im Prinzip ein Y wie auf Istrien in Kroatien - führt von Sassari im Nordwesten und Olbia im Nordosten nach Oristano an der Westküste und von dort nach Cagliari an der Südküste. Es ist offiziell eine - kostenfreie - Schnellstraße mit vier spuren. Die Straßen auf Sardienien sind - ganz anders als auf Sizilien - gut ausgebaut und fast alle in sehr gutem Zustand. Überhaupt habe ich von der Insel den Eindruck, dass alles sehr ordentlich ist; die Landschaft ist wild und rau, die Leute sind bodenständig, bescheiden und freundlich, aber der Eindruck ist überraschend positiv - es gibt nicht die umfassenden mafiösen Strukturen.

Morgens geht die Fahrt nach Forum Traiani - das heute Fordongianus - wo Archelaus sowie Luxorius und Cisellus und Camerinus gemartert wurden. Luxorius wird auch in dieser alten Kirche im nach ihm benannten Santu Lussurgiu verehrt.

In Borore beuche ich die ebenfalls Luxorius geweihte Kirche San Lussorio - leider wieder verschlossen - und diese Gavinus geweihte Kirche San Gavino sowie das daneben liegende Gigantengrab.

1800 v. Chr. bis 300 v. Chr. bevölketen die Nuraghier die Insel; aus dieser Zeit stammen viele der Gigantengräber - Gemeinschaftsgräber einer Sippe - sowie die Reste solcher Nuraghe - festungsartige Wohntürme, von denen es in dieser Form mehr als 7000 auf Sardinien gibt - und so auch nur hier, sonst nirgendwo in Europa.

Neben der Bacchus geweihten Kirche in Bolotana grast dieses Pferd.

In der früheren Kathedrale - heute Kirche des Klosters Sorres in Borutta bei Sassari - wirkte Gaufred als Bischof.

Unverkennbar: die Kirche Santa Maria di Betlem in Sassari, wo Franziskus Zirano von Sassari ins Kloster eintrat, war auch schon eine Moschee.

Neben anderen Zielen und Warten, bis die Mittagspause vorüber ist, sehe ich die Kathedrale in Sassari, wo Crescentian von Sassari und der Stadtpatron Gavinus verehrt werden …

… und zum Schluss die Kirche San Pietro di Silki, an der Pacificus von Ceredano wirkte.

Nach der Nacht im Hafen von Porto Torres ganz im Norden der Insel besichtige ich in der Stadt die Basilika, in der die Stadtpatrone Gavinus und Gefährten verehrt werden. Eine ganze Reihe weiterer Märtyrer starb hier, darunter Crescentian von Sassari, Gavinus und Crispulus, Justa und Heredina und Justina sowie Petronia und Sallustian.

Etwas außerhalb liegt die Kirche San Gavino a Mare mit den frühchristlichen Höhlengräbern, der - angebliche - Ort der Bestattung von Gavinus und Gefährten.

Mein letztes Ziel auf Sardinien ist die Bucht Porto Conte bei Alghero, weil dort in einer Villa Antoine de Saint-Exupéry bis kurz vor seinem Tod wohnte; ein Museum erinnert hier an ihn. Zwar gibt es noch keine Touristen, aber jede Menge Katzen.

Am Freitag nachmittag geht es auf der Schnellstraße zurück nach Cagliari, den Samstag verbringe ich dort trödelnd, bis ich um 15 Uhr zur Abfahrt der Fähre nach Palermo im Hafen bereitstehen muss. Das Wetter macht mir den Abschied von Sardinien einfach, es ist trüb und regnerisch. Leider gibt es auf der Insel (noch) keinen vernünftigen Paltz zum Arbeiten, deshalb heißt es nun Abschied nehmen - aber die Insel hat mich beeindruckt mit ihrer Natur, sie hat Sizilien nicht nur ihre größere Ordentlichkeit voraus, sondern auch die entspannteren Menschen.
17 Uhr legt das Schiff ab und die Fahrt wird - wie angesichts des Wetters zu erwarten - vom starken Seegang geprägt. Erstmals auf einer Fähre spüre ich meinen Magen; dennoch gehe ich essen, was mir erstaunlicherweise gut bekommt; aber viele der Mitfahrer - italienische Männer, fast keine Touristen oder Frauen - lassen volle Teller zurückgehen, das Auge war stark, aber der Magen schwach. Einschlafen wird beim dem ständigen Geschaukele auch schwierig, schließlich gelingt es - aber um 4 Uhr heißt es Aufstehen, 5 Uhr ist Ankunft in Palermo.
Noch im Dunkel der Nacht und bei Regen geht es durch die Holperpisten der Stadt zur Autobahn, überholt von rasenden Nachtschwärmern; ein anderer, der vor einer Kneipe säuft, fällt mir vors Auto, ich kann gerade noch ausweichen.

Am Morgen des Sonntags habe ich noch ein Ziel: die ehemalige Kirche Santa Maria del Parto im Bergdorf Castelbuono, die Wilhelm Gnoffi erbaute. Dann gehts direkt zu dem mir schon bekannten Campingplatz Alessandra in Torrenova, auf dem ich die nächste Tage arbeiten werde; er ist - neben den Plätzen am Punta Braccetto im Süden der bestgeführte auf Sizilien; hier also werde ich länger bleiben - auch wenn das Wetter hier derzeit eher schlechter ist als zuhause.

Tracks
Cagliari
Sant’Antioco fehlt
Tramatza
Porto Torres
Cagliari

Logbuch Reiselogbuch 2022-2-1

geschrieben vom 15. bis 18. März 2022


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