Welt bereisen Das Reiseblog des Ökumenischen Heiligenlexikons

Andalusien

   J. Schäfer          

Samstag, 26. März, bis Donnerstag, 7. April

Auf dem Campingplatz in Torrox blieb ich dann ganze 14 Tage, auch weil für die zweite Woche der Wetterbericht schlecht war und es tatsächlich einige Regentage gab, aber auf dem Platz ideale Arbeitsbedingungen.
Im Vatikan-Newsletter las ich am vergangenen Donnerstag, dass die Türkei jetzt alle Kirchen in Diyarbakır verstaatlicht hat und nun keine Gottesdienst mehr stattfinden können. Vor drei Jahren war ich dort, Im Herzen des wilden Kurdistan, habe diese Kirchen besucht und die Toleranz gelobt. Jetzt sind außer den Kirchen auch 6300 weitere Grundstücke in der Altstadt nach monatelangen Kämpfen schwer zerstört, noch immer wird dort gekämpft. Und die deutsche Bundeskanzlerin? Ruft am Sonntag danach Erdoğan an, um sich für Satire um deutschen Fernsehen zu entschuldigen. Erbärmlich, werte- und skrupellos, diese Pfarrerstochter!


Wir müssen alle Maßnahmen treffen, dazu gehört, die Anhänger der Terrororganisation unschädlich zu machen, was auch einschließt, ihnen die Staatsbürgerschaft abzuerkennen. Sie können nicht einmal mehr unsere Mitbürger sein, sagte Erdoğan vor Anwälten am Dienstag in Ankara. Zu den PKK-Anhängern gehören seiner Auffassung nach nicht nur die militanten Kurden, sondern auch seine Kritiker - Akademiker, Journalisten und Politiker -, die wie ein Wolf im Schafspelz agierten. Diese Leute haben es nicht verdient, unsere Mitbürger zu sein, zitiert der Focus Erdoğan. Wir sind nicht dazu verpflichtet, Leute mitzutragen, die ihren Staat und ihr Volk verraten. Das ist Faschismus pur, mit Milliardenhilfe von uns unterstützt!
Aber es gibt auch gute Nachrichten: Papst Franziskus wird am 16. April auf die griechische Insel Lesbos reisen, gemeinsam mit dem Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel, Bartholomaios I., und dem griechisch-orthodoxen Erzbischof von Athen, Hieronimus II. Stark!

Freitag, 8. April, bis Sonntag, 10. April

In Cañete la Real bei Malaga, wo Ángel von Cañete la Real Ramos Campos, ein Märtyrer des spanischen Bürgerkriegs, geboren wurde, grüßt die namengebende Burg - und auf dem Hauptplatz sitzen, wie überall, die Rentner und genießen die Frühlingssonne.

Über El Saucejo bei Sevilla, wo der Märtyrer des spanischen Bürgerkriegs Antonio María Martín Povea geboen wurde, und Osuna, wo die Märtyrer Eliseo María Camargo Montes sowie José María Ruiz Cardeñosa geboren wurden, komme ich in das schöne Städtchen Antequera, wo Enrique Vidaurreta Palma geboren wurde.

Der Sieg der Spanier gegen die Mauren in Antequera 1410 unter Ferdiand I. von Aragón gilt als entscheidendes Datum der Reconquista, auf dem Hauptplatz steht deshalb sein Denkmal vor dem Klarissenkloster.

Über Cuevas de San Marcos, wo der Märtyrer Crispin von Cuevas de San Marcos Pérez Ruano geboren wurde, nähere ich mich Granada, wo schon von weitem die Schneeberge der Sierra Nevada grüßen - großartig!

Am nächsten Tag sind die Ziele rund um Granada. In Chauchina, dem Geburtsort des Märtyrers José von Chauchina Casare Menéndez, ist heute Jahrmarkt, der nun am Morgen gerade aufgebaut wird. Natürlich heißt das hier nicht Jahrmarkt, sondern es ist das Fest der Maria vom Weißdorn.

In Gabia Grande wurde der Märtyrer José María González Delgado geboren und in dieser frisch renovierten Kirche, die sich gerade auf eine Hochzeit vorbereitet, getauft. Deshalb habe ich Glück und sie ist offen - die meisten Kirchen waren in letzter Zeit geschlossen; offenbar gelingt es immer seltener, noch jemand für den Schlüsseldienst zu aktivieren.

In Churriana de la Vega zeigt sich die Kirche eher bescheiden und ist wieder geschlossen. Ihr Pfarrer Manuel Martín Sierra starb ebenfalls als Märtyrer des Spanischen Bürgerkriegs.

Das Kloster der Augustiner-Rekollekten in Barrio de Monachil, in dem der spätere Märtyrer Deogracias de San Agustín Palacios del Rio seine Gelübde ablegte, ist heute noch Kloster und ein Einkehrhaus mit einer Gedenkstätte für Rita von Cascia - leider auch geschlossen.

Montag, 11. April, bis Mittwoch, 13. April

Oberhalb der kleinen Stadt La Calahorra steht das trutzige Kastell, gebaut 1509 bis 1512 nach der Eroberung von den Muslimen; im Hintergrund die Berge der östlichen Sierra Nevada mit letztem Schnee.

Die Kargheit des Berges und die Häuschen des Städtchens machen keinen großen Unterschied zu Marokko. Im Nachbardorf Lanteira wurde der spätere Bischof und Märtyrer Manuel Medina Olmos geboren.

Hoch in den Bergen, erreicht nach langer Fahrt mit ständigem Lenken und Schalten - Autofahren kann doch Sport sein! - liegt Ohanes, wo der Bischof und Märtyrer Jakob Ventaja Milán die Welt erblickte. Das Leben hier ist sicher kein Zuckerschlecken.


Die Kleinstadt Tabernas ist das Zentrum der nach ihr benannten Wüste - die Landschaft ist hier tatsächlich so und war deshalb oft schon Drehort von Western-Filmen. Zwar kann die - wieder wie jetzt meistens - geschlossene Kirche beeindrucken …


… aber sonst sieht es hier tatsächlich aus, wie man sich den Wilden Westen vorstellt: einschließlich der Häuser: das ist die Hauptstraße de Ortes! Hier starben drei Märtyrer des Spanischen Bürgerkrieges.

Auf dem Hügel über dem Städtchen thront wie üblich die Burg, ehemals maurisches Kastell, jetzt Ruine, aber mit restauriertem Tor - eine beeindruckende Filmkulisse. Auch ein Cowboy hoch zu Pferd begegnete mir auf der Straße, einige von den Filmcrews verlassene Westerndörfer sind jetzt Vergnügungsparks, zu besuchen für - laut Reiseführer von 2007 - schlappe 26 € pro Person.

Einige Kilometer weiter liegt Tahal, Todesort für zwei Märtyrer des Spanischen Bürgerkrieges. Der mächtige Turm der ehemaligen Burg steht hier mitten im Ort.

In Huércal-Overa ging Maria Dolores Segarra zur Schule. Die Stadt hat - sich selbst? - ein Denkmal gesetzt für ihre Umzüge in der Semana Santa, der Karwoche.

Auch fromm: das Rathaus

Letzte Station des Tages ist das Städtchen Taberno, hier wurde Feliciano Martínez Graner, später Märtyrer des Spanischen Bürgerkrieges, geboren. Die Gegend ist immer noch fast wüstenhaft, aber abends auf dem ländlich-rustikalen Campingplatz ist es schön warm - in Granada kam um diese Zeit kühler Wind von den Schneebergen. Da ich seit einigen Tagen erkältet bin - wovon eigentlich ? - tut das gut.

Im ehemaligen Dominikanerkloster in Lorca lebte zeitweise Johannes Alcober Figuero. Und der Märtyrer Lorenzo Moreno Nicolás aus dem Kloster der Mercedarier in Lorca starb auch hier.
Es ist ärgerlich: in den Dörfern sind auf jedem Foto Strom- und Telefonleitungen zu sehen, weil sie alle durch die Luft gezogen werden; in den Städten ist das Fotografieren fast unmöglich, weil die Gebäude groß, die Gassen aber sehr eng sind - und hier kommt nun beides zusammen.

Die Stadt und die ganze Gegend leben v.a. von Gemüseanbau und Schweinezucht, ihre besten Zeiten hat sie hinter sich; zudem gab es 2011 ein Erdbeben mit neun Toten; Grund für das Beben war wohl, dass der Grundwasserspiegel um Lorca herum durch fortlaufendes Abpumpen des Wassers seit 1960 um mindestens 250 Meter gesunken ist. Das Rathaus kündet von den besseren Zeiten, der auch um die Mittagszeit noch leere Platz von der Gegenwart.
In Spanien ist eine Regierungsbildung nun endgültig gescheitert, im Juni wird es Neuwahlen geben. Der Versuch der Sozialisten, die bei der Wahl ihr historisch schlechtestes Ergebnis einfuhr, mit Hilfe der Bürgerbewegung Ciudadanos auch in einer Koalition mit Podemos die Grundlinien der PP-Politik, die neoliberale Politik, die das Volk ja gerade abgewählt hatte, fortzusetzen, musste natürlich scheitern. Es erinnert an Deutschland: die Sozialdemokraten weigern sich konsequent, sozialdemokratische Politik, Politik fürs Volk, zu machen, und nehmen dafür ständige Wahlniederlagen, ja ihren Untergang in Kauf. Man passt vielleicht noch die Rhetorik nach links an - in Deutschland: Sozialpaket für die deutsche Bevölkerung, in Spanien: Regierung des Wandels -, macht aber unbeirrbar die gescheiterte neoliberale Politik weiter.
Eine Studie der staatlichen Kreditanstalt für Wiederaufbau hat gerade festgestellt, dass vierzig Prozent der deutschen Haushalte heute weniger Geld haben als vor zwanzig Jahren. Gleichzeitig stieg das verfügbare Einkommen der oberen Einkommensgruppe um mehr als 38 Prozent! Der Chef des Wirtschaftsforschungsinstituts, der linker Gedanken völlig abholde Marcel Fratzscher, sagt schlicht: Die soziale Marktwirtschaft existiert nicht mehr. In den USA entfallen auf das oberste Prozent der Bevölkerung 19,8% des gesamten Einkommens, auf das oberste Promille 9,5%. Die entsprechenden Werte für Deutschland lauten 11,2% und 4,0%. Wirklich langjährige Vergleiche sind nur für Großbritannien möglich, da es zum einen als einziger großer Industriestaat seit mehreren Jahrhunderten in den heutigen Grenzen existiert und zum anderen für frühere Jahrhunderte auch halbwegs verlässliche Angaben zur Verteilung der Einkommen vorliegen. Das oberste Promille der Bevölkerung kann danach heute einen dreimal so hohen Anteil am Volkseinkommen für sich verbuchen wie Ende des 17. Jahrhunderts. Das ist nicht mehr Kapitalismus, das ist Feudalismus.
Gerade auch auf Kosten der Armen. Die TAZ berichtet: Wie der amerikanische Think Tank Global Financial Integrity ausgerechnet hat, fließen inzwischen jährlich mehr als eine Billion Dollar (1.000.000.000.000 $!) aus den Entwicklungs- und Schwellenländern ab. Allein zwischen 2004 und 2013 wurden 7,8 Billionen Dollar ins Ausland geschafft. Wenn man annimmt, dass dieses Vermögen eine jährliche Rendite von zehn Prozent erwirtschaftet, die man mit etwa 40 Prozent besteuern könnte, dann heißt dies: Den Entwicklungs- und Schwellenländer entgehen jährlich 312 Milliarden Dollar an Steuern. Damit ließen sich sehr viele Krankenhäuser und Schulen bauen. Oder das Einkommen all der Menschen auf der Südhalbkugel, die weniger als 1 $ am Tag haben, schlicht verdoppeln. Und die Tragik dabei ist: Niemand hat etwas davon, dass eine kleine Elite in den Schwellen- und Entwicklungsländern ihre Mitbürger ausplündert. Davon profitieren nur aufgeblähte Finanzinstitute im Westen, die auch niemand braucht.

Alfonso X. der Weise, mütterlicherseits mit den Staufern verwandt, Enkel von Philipp von Schwaben, gepriesen nicht ob seiner Regierungskunst, sondern seiner wissenschaftlichen Werke, die er auf der Grundlage des von den Mauren auf ihn gekommenen Wissens verfasste, beschützte die Stadt vor den Mauren, vereinigte die Region mit Kastilien und bekam deshalb in Lorca das Denkmal.

Mächtig prächtig auch die größte Kirche der Stadt, Patrick von Irland geweiht, weil an seinem Gedenktag eine entscheidende Schlacht gegen die Mauren gewonnen wurde, gebaut als Kathedrale - aber die Stadt wurde dennoch nicht Bischofssitz.

Vergangener Glanz auch in der Vorstadt Campillo, wo der Märtyrer Braulio Carlos Lucas Manzanares das Licht der Welt erblickte.

Die Kirche in Vélez-Rubio ist nicht, was ich suchte …

… aber im ehemaligen Kloster werde ich fündig: hier stifteeten die Eltern der hier geborenen María Dolores Rodríguez Sopeña einen Altar.
Am Hauptaltar dieser Kirche: Mariä Himmelfahrt.

Die Tracks:
Granada
Granada2
Lorca
Lorca2

geschrieben am 10., 12. und 13. April 2016



Kommentare


Kommentar schreiben

URLs werden automatisch umgewandelt.
[b]DEIN TEXT[/b] für Fett gedruckt
[quote]DEIN ZITAT[/quote] für Zitate
[code]DEIN CODE[/code] für Code
captcha