Welt bereisen Das Reiseblog des Ökumenischen Heiligenlexikons

In Meteora und auf Paulus' Spuren

   J. Schäfer          

Mittwoch, 19. Juni, bis Freitag, 21. Juni

Nach zwei weiteren Tagen auf dem Campingplatz Hellas - die Recherchen für Thessaloniki sind aufwändig - geht es endlich weiter, zuerst durch eine weite Ebene - der Liebe Gott hatte die Lust am Falten verloren - in die Berge nach Anatoli zu dem Kloster, das Damian der Jüngere gegründet hat und in dem David von Euböa zum Diakon geweiht wurde. Auf den 17 km von der Hauptstraße bis zum Kloster auf fast 1100 m Höhe begegnet mir auf der gut ausgebauten Straße kein einziges Auto - auf der Rückfahrt auch keines.


Einige 100 m vor dem Kloster ist das Tor verschlossen - nein: das für Fußgänger ist geöffnet. In der außerordentlich gepflegten Anlage kommt eine Schwester auf mich zu und fragt in perfektem Englich nach meinen Wünschen. Das Kloster ist eine Oase in der Bergwelt! Eher bescheiden: das (neue) Katholikon.
Nun habe ich erfahren, dass es unweit die Einsiedelei gibt, in der Damian zunächst lebte - allerdings finde ich sie dann doch nicht.

Zurück in der Ebene geht es nach Larissa - angeblich die heißeste Stadt Griechenlands, die ich Schlaumeier in der Mittagszeit am wohl nicht heißesten, aber wahrscheinlich schwülsten Tag des Jahres besuche - dafür mit Parkplatz direkt an der Metropolitankirche Agios Achilleos, dem ehemaligen Bischof Achilleus von Larissa geweiht; Johannes von Monemvasia erlitt das Martyrium in der Stadt.

Unweit der neuen sind die Ruinen der um 550 über Achilleus' Grab erbaute Basilika, die ebenfalls ihm geweiht war. Sie wurden 1978 wieder entdeckt und ihre Reste wurden 2011 bis 2013 einschließlich des komplett erhaltenen großen Grabmals von Achilleus ausgegraben.

Am Agamemnon-Platz, dem Zentralplatz der Stadt, wurde Damian der Jüngere erhängt und verbrannt. An dem Platz ist die neue Moschee, um 1900 gebaut, erhalten - selten nur wird das türkische Erbe geschätzt.

Metzgersgang (nein: -fahrt): die Kirche Agia Triada am Stadtrand ist nicht die Metropolkirche, sondern die des Militärmetropoliten, Larisa hat eine der größten Kasernen.

Nächste Hitzestadt in der weiten Ebene: Tyrnavos, wo der Märtyrer Gideon von Karakallou starb, dem man dort nun eine Kirche geweiht hat; Gelegenheit, ein griechisches Rathaus zu fotografieren …

… und unweit die Metropolitankirche Panagia Phaneromeni, in der Reliquien von Gideon liegen.
Am Stadtrand tanke ich, der Tankwart freut sich so über mich als Deutschem - denn es gibt für Touristen wahrhaftig keinen Grund, hierher zu kommen. Germania good, seine Begeisterung scheint ehrlich und kennt kaum Grenzen und er rennt los, um mir einen Duftbaum für die Kiste zu schenken, den er auch gleich selbst anbringt. Mag ich aber nicht, ist im Kofferraum verschwunden - tut mir Leid.

In Trikala - immer noch in der Ebene, noch ein Hitzekessel - ist die Nikolaoskirche die Metropolitankirche; Nikolaos Basdanis von Metsovo starb hier als Märtyrer. Unweit davon steht diese, die Stephanoskirche, in deren Nähe der Märtyrer Ephraim von Nea Makri geboren wurde.

Im Bauendorf Agia Triada bei Karditsa wurde Damian der Jüngere geboren, hier die Pfarrkirche; zudem gibt es eine privat finanzierte Märtyrerkirche, die sogar geöffnet ist.

Das Kloster in Oxya - der Ort hieß früher Siamou - bei Mouzaki Karditsa, in dem man einen Hymnus auf Nikolaus von Ichthys fand, wird meine Kiste nicht erreichen können, ich verzichte auch auf den Versuch, immerhin habe ich in langen Recherchen den Ort überhaupt erst gefunden. Dieses Kloster war eines der 420 Klöster Griechenlands, das von den bayerischen Protestanten zerstört wurde, als Otto König von Griechenland wurde - so das Originalzitat auf der Webseite des Griechen John Sanidopoulos. Otto war - natürlich - überzeugt römisch-katholisch, aber für Orthodoxe ist die katholische Kirche auch nur eine Abspaltung durch das Morgenländische Schisma von 1054, also protestantisch.
Noch weiter südlich ist das ehemalige Kloster bei Karitsa, das Damian der Jüngere wieder aufbaute; es läge schön kühl in den Bergen, ideal zum Übernachten - aber ich brauche nach der Hitze unbedingt eine richtige Dusche - nicht das sparsam fließende Wasser aus meiner Kiste. Also verzichte ich und fahre gleich Richtung der Meteora-Klöster auf den Camping Vrachos Kastraki. Ganz nett, sehr viele Toursiten aus aller Herren Länder und ebenso viele Schnaken - aber herrlicher Blick auf die Meteora-Felsen, die nachts sogar angestrahlt werden.

Samstag, 22. Juni

Heute hieß es, den Wecker zu stellen, um vor dem großen Ansturm im Kloster der Verklärung anzukommen, wo Nikolaus von Ichthys' Schädelreliquie verwahrt wird. Tatsächlich bekomme ich noch einen nahen Parkplatz, auch wenn sich schon eine Schlange am Einlass gebildet hat; dann geht es - laut Reiseführer 264 - Stufen erst hinunter und dann wieder hinauf, noch bei aktzeptabler Temperatur.

Beim Aufstieg: der Blick auf das Kloster Varlaam, mein nächstes Ziel - faszinierend!

Eine Wucht: das Katholikon im Kloster der Verklärung. Ich kann fotografieren, da sehr viele - meist osteuropäische - Besucher da sind. Die Meteora-Klöster wurde im 14. Jahrhundert auf den Felsspitzen gegründet, nachdem sich im 9. Jahrhundert Einsiedler in den Felsnischen und -höhlen niedergelassen hatten. Im 16. Jahrhundert gab es 25 Klöster, heute sind noch 6 bewohnt. Auch die Türken achteten deren Autonomie - gegen hohe Tributzahlungen, die Klöster waren reich. Nachdem in den 1960-er Jahren viele Mönche die Klöster wegen des einsetzenden Touristenstroms verließen und der Ruhe wegen auf den Athos zogen, verfielen die Klöster, inzwischen ist der Tourismus ihre wirtschaftliche Rettung.

Inzwischen ganz auf die Touristen eingestellt - und auf diese Einnahmen dringend angewiesen - zeigt man auch die ehemalige Klosterküche.

Und als ich wieder unten bin, sehe ich die Seilbahn in Betrieb - früher der einzige Zugang, heute Materialaufzug.

Der Blick zurück.

Im Kloster Varlaam liegen Reliquien von Nikolaos Basdanis von Metsovo.

Hoch, höher, Katholikon - aber hier wird das Fotografierverbot streng kontrolliert.

Allein der Blick auf die Landschaft lohnt, links das kleinere Kloster Rousanou.

Auch hier: der Blick zurück auf das Kloster Varlaam.

Nun geht es ein großes Stück nach Norden, über 900 m hohe Bergpäasse und durch Flusstäler, hier das des Flusses Venetikos

… um gerade noch rechtzeitig vor der Mittagsruhe das Kloster Metamorphosis, das Kloster der Verklärung Jesu, zu erreichen; Gregor Palamas lebte dort als Einsiedler. Dieses kleine Kloster wirkt eher wieder wie ein - moderner - Bauernhof mit Kirche; ein Omnibus voll rumänischer Pilger samt Priester ist dennoch da.

Im Katholikon: viele, aber unidentifizierte Heilige.

In Beröa - dem heutigen Veria - ist als modern ausgebaute Gedenkstätte die Bema zu sehen, der (angebliche) Ort der Predigten von Paulus in Beröa.

Das Bronzedenkmal zeigt einen sehr asketischen Paulus.

An der Metropolitankirche in Veria arbeiten faule Griechen auch am Samstag; Reliquien von Klemens von Ohrid liegen in der Stadt.

Frisch renoviert ist die 1075 gebaute und bis um 1450 genutzte alte Metropolitankirche, dann wurde sie Moschee, der Stumpf des Minaretts ist eingerüstet noch zu sehen.

Innen: Fresken aus dem 13. Jahrhundert.

Daneben: typisch griechische Innenstadt - erdbebensicher (?), aber schön ist anders!

Die Kirche Agios Phanourios aus dem 17. Jahrhundert steht im frühchristlichen Zentrum der Stadt, zu dem nahebei auch die spärliche archäologische Stätte Agios Patapios gehört. Die Märtyrergruppe Beata und Gefährten sind hier anzusiedeln, ebenso der hierher verbannte Liberius.

Nach der wieder sehr heißen Stadt geht es nun kurz ans Meer zu den Ruinen von Pydna, dessen Priester Alexander als Märtyrer starb. Die Basilika der Stadt wurde 1204 durch die Ritter des 4. Kreuzzugs zur Burg umgebaut, nach deren Abzug der Ort aufgegeben.

Dann geht es über die Autobahn - mit großstadtwürdigem Verkehr - nach Thessaloniki, wo ich heute noch mit dem Auto Ziele am Stadtrand besuche, zuerst das Heptapyrgion, die Zitadelle, in der Kaiser Johannes III. Vatatzes nach erfolgreicher Eroberung zeitweise residierte.

Nächstes Ziel: die große Paulus-Kirche, gebaut oberhalb der Paulus-Quelle, an der Paulus, nachdem ihm die Flucht aus der Stadt gelungen war, angeblich getrunken hat. Ich habe Glück: die Kirche ist offen, weil eine Hochzeit vorbereitet wird, aber auch hier gilt: außen monumental, innen geistlos, muss man nicht gesehen haben.

Die 1922 erbaute kleine Kirche direkt an der Paulus-Quelle ist leider verschlossen.

Im 2009 archäologisch erschlossenen frühchristlichen Friedhof im Gelände des Archäologischen Museums wurde Anysia von Thessaloniki evtl. bestattet.

Letztes Ziel für heute: die moderne, den Söhnen der Stadt Cyrillus von Saloniki und Methodius von Mähren geweihte Kirche am Stadtrand, wo eine Hochzeit gerade zu Ende ist und mir den Eintritt möglich macht …

… der sich diesmal lohnt.
Nun geht es hinaus aus der Stadt Richtung Süden, ans Meer zum Campingplatz Akti Retzika bei Epanomi, der - in 33 km Entfernung - von Thessaloniki aus nächstgelegene Campingplatz, direkt am Meer. Am Strand ist die Hölle los, tausende Autos von Menschen, die aus der Hitze der Stadt geflohen sind, machen die Anfahrt zum Slalom-Kunststück. Der im Reiseführer gelobte Platz ist dieses Lob nicht wirklich wert, aber ganz ok., v. a. die Internet-Verbindung. Und er hat eine Dusche! Eine polnische kirchliche Jugendgruppe auf dem Platz singt zur Gitarre - stundenlang, aber sehr melodiös.

Sonntag, 23. Juni

Ich bin erschöpft, habe zu wenig und zu schlecht geschlafen, es ist zu heiß - aber es muss sein: heute ist Sonntag, der Tag für die Stadt. Ich fahre gegen den Strom der Autos, die aus der Stadt an den Strand streben, auf der Autobahn ist gegenüber vierspurig kilometerlanger Stau - in meine Richtung will aber kaum einer. Und ich finde auf Anhieb einen - legalen! und kostenfreien Parkplatz im Zentrum, wenige Meter von der Metropolitankirche Gregor Palamas. Dort ist gerade die sonntägliche göttliche Liturgie zuende, ich kann fotografieren.

Viele Leute stehen noch Schlange, um sich vom Metropoliten (auf dem Thron sitzenden) persönlich segnen zu lassen, neben ihm steht der Kantor, der das Ganze mit Gesang begleitet. Die Metropoltankirche ist Gregor Palamas geweiht und bewahrt seine Reliquien. Metropolit war hier Athanasios III. Patelaros, Patrone der Stadt sind David von Thessaloniki, Demetrios von Saloniki und Theodora von Saloniki; im Artikel Orthodoxe Kirchen wird die Metropolie erwähnt.

Bewegt ist die Geschichte der riesigen Kirche Hagia Sophia, an der Gregor Palamas und Niphon II. von Konstantinopel als Metropoliten wirkten; sie wurde errichtet auf einem Ursprungsbau von 315. 1204 - nach der Besetzung der Stadt durch die Ritter des 4. Kreuzzuges - war sie katholische Kathedrale, 1246 wieder orthodox und Metropolitankirche, 1590 Moschee, 1890 ist sie abgebrannt und seit 1913 wieder orthodoxe Kirche.

Vorbei an den - spärlichen - Resten des römischen Kaiserpalastes - Theodosius I. „der Große” erließ hier zusammen mit den Mitkaisern Gratian und Valentinian II. das Edikt, in dem das Christentum zur Staatsreligion erklärt wurde - komme ich an den Galeriusbogen, die Reste des 305, nach dem endgültigen Sieg von Kaiser Galerius gegen die Perser, gebauten Triumphbogens.

Die Rotunde, gebaut als Mausoleum für Kaiser Galerius, wurde schon 326 Kirche und Sitz des Metropoliten, ist damit die älteste erhaltene Kirche der Welt, nach einer Kapelle daneben auch Georgios-Kirche genannt, heute Museum. Erhalten sind Mosaiken von Jungfrauen nach dem Vorbild von San Apollinare in Ravenna-Classe. Der monumentale Bau erinnert an das Pantheon in Rom.

Vorbei an der Athanasios I. von Konstantinopel geweihten Athanasios-Kirche, gebaut 1818/1819 zur Zeit der Osmanischen Herrschaft, komme ich an die um 475 errichtete Kirche Panagia Acheiropoietos, die einer nicht von Händen gemachten Ikone der Allerheiligsten (Gottesmutter) geweiht ist.

Nach den Ausgrabungen der römischen Agora - hier sind die vielen Märtyrer aus frühchristlicher Zeit anzusiedeln, also Agape und Chionina und Irene von Thessaloniki, Agathopodus und Theodoulus, Alexander und Dionysius, Alexander und Gefährten, Domninus und Gefährten, Euphrasius und Gefährten, Eutychia, Florentius, Hortensia, Ingeniana und Gefährten, Irenäus und Peregrinus und Irene, Irene von Thessaloniki, Kasia, Lucia und Gefährten, Octavius, Paulus und Gefährten, Salonitas und Gefährten, Theodoulus und Gefährten und schließlich Victor - komme ich an das Wahrzeichen der Stadt, die dem Stadtpatron Demetrios von Saloniki geweihte Basilika. In deren Krypta - der ursprünglichen Demetrios-Kirche mit seinem Grab - sieht man diese Säulen, die wohl die Bema, also die Kanzel dieser Kirche geschmückt haben und um 300 entstanden.

In der Demetrios-Basilika findet gerade eine kleine Hochzeit statt, viele Gläubige besuchen gleichzeitig die Reliquien von Demetrios oder die von Anysia von Thessaloniki oder von David von Thessaloniki. Fantinus der Jüngere lebte hier am Grab, Lietbert von Cambrai-Arras besuchte dieses, Lupos und Nestor von Thessaloniki waren Gefährten von Demetrios.

Direkt neben der Demetrios-Basilika steht noch der Yeni Hammam, das neue Bad aus Osmanischer Zeit, heute ein Restaurant.

Nun geht es sehr steil und schweißtreibend hinauf in die sich den Berg hochziehende Altstadt mit Häusern, die den türkischen Einfluss nicht verhehlen können …

… zur Davids-Kirche, dem Katholikon des ehemaligen Latomos-Klosters, das im 5. Jahrhundert erbaut und später David von Thessaloniki geweiht wurde. Von hier hat man den Blick auf die Unterstadt und auf die auf Reede liegende Schiffe.

Wirklich alt-ehrwürdig: die Davids-Kirche.

Noch etwas weiter oben ist das Vlatadon-Kloster, das noch bewohnt ist; im Katholikon wird auch Hochzeit gefeiert.

Wenn es stimmt, dass Paulus genau gegenüber des späteren Vlatadon-Klosters durch die Stadtmauer fliehen konnte - beschrieben in Paulus' 2. Missionsreise -, dann war das exakt an dieser fotogenen Stelle

Wohnen in renovierten alten Häusern der Oberstadt scheint im Trend zu liegen.

Wieder unten: noch ein türkisches Bad, Bey Hammam, um 1440 gebaut.

Und das letzte Ziel für heute: das Theodora-Kloster, in dem Theodora von Saloniki lebte, das dann ihr geweiht wurde und das in türkischer Zeit eines der drei überlebenden Klöster der Stadt war.

Das Theodora-Kloster liegt inmitten der hohen Häuser des Stadtkerns und ist selbst ein Wohnlock, nur das Katholikon duckt sich darin.

Montag, 24. Juni, bis Mittwoch, 26. Juni

Auf dem Campingplatz Akti Retzika herrscht in großer Schwüle der übliche Camper-Alltag, viele sind nur eine Nacht hier. Meine rumänischen Nachbarn grillen und laden mich zum Mitessen ein - viel Schnaps gehört unbedingt auch dazu. Und das absolute Highlight hat mein Fotoapparat verpasst: auf den Platz kommt ein Bentley von 1926 - Le Mans-Style Tourer, 6,5 Liter Hubraum, laut Internet 450.000 € wert - angetuckert. Das nicht sehr viel jüngere Besitzerpaar baut ein Zelt auf, trinkt Whisky, bereitet stilvoll sein Abendessen. Morgen früh werde ich die Sensation fotografieren. Denkste: mich weckt das Anlassen des Motors - es dauert und macht ordentlich Krach, bis die 6,5 Liter rund laufen - und bis ich meine Sinne beieinander habe, sind sie weg.

Tracks
Kastraki
Epanomi

geschrieben am 24, 25. und 26. Juni 2019


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