Welt bereisen Das Reiseblog des Ökumenischen Heiligenlexikons

Auf nach Berlin!

   J. Schäfer          

Montag, 18. September bis Sonntag, 24. September

Nach den drei Tagen Arbeit auf dem schönen Campingplatz in Königstein geht es nun weiter, zuerst nach Leutersdorf in der Oberlausitz, wo der Märtyrer Alois Scholze Pfarrer war und dann zur Kirche nach Großhennersdorf, wo Heinrich Melchior Mühlenberg als Pfarrer diente. Im selben Ort ist die Ruine des Wasserschlosses, in dem Nikolaus Graf von Zinzendorf als Kind lebte. Davor: diese Skulpturen eines örtlichen Künstlers.


Dann komme ich nach Herrnhut, wo ab 1722 die Herrnhuter Brüdergemeine entstand, in der Glaubensflüchtlinge der Böhmische Brüderkirche bei Nikolaus Graf von Zinzendorf Zuflucht fanden. David Zeisberger besuchte die neue Gemeinschaft in ihrem ersten Haus, der heutigen Arche, Gottlieb August Spangenberg wurde der erste Bischof der Herrnhuter. Im Herrschaftshaus lebte dann Zinzendorf, dieser Kirchensaal wurde 1756 erbaut. Im nahen Berthelsdorf wohnten Zinzendorf zeitweise und Spangenberg bis zu seinem Tod im Schloss, Johann Andreas Rothe war Pfarrer an der Kirche.

In Görlitz komme ich zunächst zur Hauptkirche St. Peter und Paul mit diesem Jugendstil-Taufstein, wo Martin Moller Pfarrer war, …

… und dann zum Geburtshaus von Hildegard Burjan an diesem Platz mit einer Mischung aus nach-Wende-Renovierungen und DDR-Charme. Anschließend geht es zur katholischen Kirche St. Jakobus, denn Benno von Meißen ist Patron der Stadt.

Nun geht es über die Neiße in den Ostteil der Stadt, das heute polnische Zgorzelec, mit dem Wohnhaus von Jakob Böhme. Von dort geht der Blick noch einmal auf die Kirche St. Peter und Paul

… und, auch im deutschen Westteil, auf diese Fabrikruine. Zudem lohnt sich auf polnischer Seite das Tanken: 40 Cent pro Liter billiger. Wieder im Westteil der Stadt sehe ich dann noch das Grab von Jakob Böhme auf dem historischen Friedhof an der Nikolai-Kirche.

In Schirigswalde bei Bautzen besuche ich die Pfarrkirche, denn hier wurde Avia Marschner geboren. In der Kirche gibt es aber keine Hinweise auf sie. Und in Bautzen sehe ich den Dom, der als Simultankirche von der katholischen und der evanglischen Gemeinde gemeinsam genutzt wird. Bernhard Wensch wurde hier zum Priester geweiht, Johannes Leisentrit war hier Dekan. Daneben: das katholische Pfarramt mit auch sorbischer Betitelung.
Es ist spät geworden und Zeit zum Übernachten auf der Raststätte Oberlausitz.

Am Dienstag geht es nach Radibor bei Bautzen, wo in diesem ehemaligen Schulhaus - heute das Gemeindeamt - Alois Andritzki geboren wurde. Über das ehemalige Priesterseminar des Bistums Meißen in Schmochtitz bei Bautzen, wo Alois Andritzki, Bernhard Wensch ausgebildet wurden, komme ich nach Göda bei Bautzen, wo Bezela zuletzt lebte.

Das bis heute aktive Kloster St. Mariastern der Zisterzienserinnen in Panschwitz-Kuckau stiftete Bernhard von Kamenz, es besitzt Reliquien von Johannes dem Täufer. Und diesen lustigen Löwenbrunnen

… ebenso wie diese Statue der Dreieinigkeit.

Dieses Haus (Bad) Marienborn war ein von Elsa Brandström gegründetes Arbeitssanatorium für ehemalige kriegsgefangene Deutsche.

Diese Kirche in Pulsnitz bei Bautzen besuche ich, weil in der Stadt Bartholomäus Ziegenbalg geboren wurde.

Nun gibt es einen großen Sprung nach Norden, nach Lübben. Hier wirkte und starb Paul Gerhardt in dieser nun nach ihm benannten Kirche.

Wieder eine weite Anfahrt und dann überschwänglich barocke Pracht: die Kirche des ehemaligen Klosters Neuzelle bei Eisenhüttenstadt, wo Petrus von Neuzelle und Gefährten sowie Serlo von Signy starben.

Ein für heute letzter großer Sprung führt nach Mittenwalde bei Berlin, wo ich am Ortseingang einen aufgelassenen Bahnhof mit dieser alten Lok und anderen historischen Eisenbahnwagen sehe. An der St.-Moritz-Kirche war die erste Pfarrstelle von Paul Gerhardt.
Wieder eine sehr ruhige Nacht - die großen Parkplätze aus der DDR-Zeit, als Boden kein Kapital war, sorgen für Abstand von der Autobahn - verbringe ich auf der Raststätte Am Fichtenplan.

Nun geht es zu den mit der Kiste aufzusuchenden Stellen in den Außenbezirken von Berlin, zuerst zur Dorfkirche Marienfelde; der Ort war Besitz des Templerordens. Das Wohnhaus von Friedrich Justus Perels und dann diese Dorfkirche Tempelhof sind die nächsten Ziele.

Es folgen das Wohnhaus, in dem Jochen Klepper zunächst wohnte, das Geburtshaus von Friedrich Justus Perels - vor ihm erinnert ein Stolperstein an seinen ebenfalls von den Nazis im Mai 1945 ermordeten Vater -, das ehemalige Büro der Bekennenden Kirche, in dem sich Perels engagierte, und das Haus der damaligen vorläufigen Kirchenleitung der Bekennenden Kirche, deren juristischer Berater Perels ab 1936 war; als solcher war zuvor Friedrich Weissler tätig, Ludwig Steil vertrat dort den westfälischen Präses Koch 1935/36. Im Gemeindehaus in Berlin-Dahlem fand eine der Bekenntnissynoden der Bekennenden Kirche statt; auf dem Friedhof an der Kirche sehe ich dieses Grab des Studenten- und APO-Führers Rudi Dutschke.

Nach dem zu Ehren von Friedrich Justus Perels benannten Perelsplatz, dem Wohnhaus von Jochen Klepper ab 1939 und dem Wohnhaus von Friedrich Weissler in Berlin-Westend komme ich nach Spandau, in dessen dörflichem Altstadtkern diese preußische Glorie von einem Haus grüßt.

Gegenüber der dortigen Marienkirche mit Reliquien von Vinzenz von Agen: dieser historische Feuermelder …

… und unweit dieses Häuserensemble. Es stimmt schon: Berlin ist eine Ansammlung von Dörfern, auch wenn vieles heute städtischen Charakter angenommen hat. Ich werde heute mit der Kiste 169 km unterwegs sein und habe dabei noch nicht alle Außenziele abgearbeitet. Ein dickes Lob aber den Verkehrsverhältnissen: fast alle Hauptstraßen wurden um eine Spur für Autos reduziert, diese ist jetzt Radweg. Alle Hauptstraßen haben breite Radwege, diese werden von sehr vielen genutzt. Und das völlig erstaunliche: alle Radfahrer beachten die Verkehrsregeln, halten an roten Ampeln, überholen nicht die stehenden Autos rechts und links - aus dem nahezu radweglosen Stuttgart bin ich gewohnt, dass die allermeisten Radfahrer sich an keinerlei Regel halten und Kamikaze fahren - hier aber haben sie ihre eigene Spur und es herrscht Ordnung. Der Autoverkehr ist trotz der Einschränkungen nicht behindert, eine große Zahl von Menschen benutzt das Fahrrad, weshalb der Autoverkehr mäßig ist, in Stuttgart sind die Autokolonnen und -schlangen oft wesentlich länger. Was der nun CDU-geführten Regierung in Berlin daran nicht gefällt, ist mit schleierhaft und wohl nur durch Ideologie erklärbar. Und ich schreibe dies als nun wirklich passionierter Autofahrer, geboren sozusagen mit Benzin im Blut.

Ich komme zur Gedenkstätte an der noch immer genutzten Haftanstalt Plötzensee mit dem - heute nachgebauten - Hinrichtungsraum. Hier wurden in der NS-Zeit Alfred Delp, Bernhard Letterhaus, Elisabeth von Thadden, Eugen Bolz, Jakob Gapp, Nikolaus Groß hingerichtet. Insgesamt wurdeen hier 2883 Menschen aus 20 Ländern getötet.

Nächster NS-Schreckensort ist das Gefängnis in Tegel, wo Alfred Delp, Bernhard Letterhaus, Bernhard Lichtenberg, Dietrich Bonhoeffer, Franz Jägerstaetter, Franz Reinisch, Nikolaus Groß und Otto Müller litten. Dann geht es zum ersten Male heute in Stadtteile, die östlich der Mauer lagen, zunächst zur Kirche St. Maria Magdalena in Niederschönhausen; an ihr wirkte Joseph Lenzel, woran dieser Gedenkstein erinnert.

Nocheinaml im Westen in unmittelbarer Nähe des neuen Hauptbahnhofs: das ehemalige Gefängnis Lehrter Straße - heute Geschichtspark -, das einst Johann Hinrich Wichern reformierte. In der NS-Zeit saßen hier Friedrich Justus Perels, Georg Maus und Rudolf Mandrella ein. Wieder im Osten: diese berühmte Klinik Charité. An deren damaliger Kirche wirkte Friedrich Schleiermacher. Letztes Ziel für heute ist die Zionskirche in Berlin-Mitte, an der Dietrich Bonhoeffer Konfirmandenunterricht erteilte.
Außerhalb der Stadt übernachte ich erneut sehr ruhig dank DDR-Großzügigkeit an der Raststätte Seeberg.

Am Donnerstag liegen nun die Ziele v.a. im Ostteil, zuerst der ehemalige Marthashof, in dem Theodor Fliedner eine Zufluchtsstätte für arbeitslose Mädchen errichtete, dann das St. Josefsheim, das Maria Tauscher gründete und in dem Petrus Werhun als Seelsorger wirkte. Nahe der ehemaligen Diakonissen-Anstalt Bethanien - heute das Kunstquartier Bethanien als Wirkstätte verschiedenster Künstler - in Friedrichshain, die Theodor Fliedner gründete und an der auch Theodor Fontane 1848/1849 als Apotheker arbeitete, sehe ich diesen alten Brunnen - ob er noch Wasser gibt?

An der Kirche St. Mauritius war Bernhard Lichtenberg Pfarrer. Nun wieder im Westen steht das Amtsgericht Neukölln, in dessen Gefängnis Eduard Klinik inhaftiert war, und gegenüber dieses 1909 bis 1914 erbaute Rathaus.

Auch die Dorfkirche Britz in Neukölln erinnert an ehemaligen Besitz des Templerordens. In diesem Amtsgericht Köpenick - wieder im Osten - arbeitete Rudolf Mandrella, an den dort ein Gedenkstein erinnert.

Drei Tage zum Arbeiten verbringe ich auf dem Campingplatz Krossinsee, südöstlich der Stadt. Er ist wieder wunderschön gelegen und alles ist bestens; die in manchen User-Bewertungen zu lesenden Kritikpunkte sind unzutreffend und wohl nur mit gezielt gesuchtem Ossi-Bashing zu erklären. Allerdings sind die Temperaturen um über 10° gefallen, es hat geregnet und es fühlt sich nun deutlich nach Herbst an …

… dennoch ist die Lage direkt am See traumhaft.

Tracks
Oberlausitz
Am Fichtenplan
Seeberg
Krossinsee (Anfang fehlt)

geschrieben vom 21. September bis 24. September 2023


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